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Kommentar

Übergriffe auf Christen in Israel: Nicht auf Propaganda hereinfallen

22.02.2023

Geschändeter protestantischer Friedhof in Jerusalem: Zwei Teenager müssen sich vor Gericht verantworten. Foto: Picture Alliance/ASSOCIATED PRESS/Mahmoud Illean
Geschändeter protestantischer Friedhof in Jerusalem: Zwei Teenager müssen sich vor Gericht verantworten. Foto: Picture Alliance/ASSOCIATED PRESS/Mahmoud Illean

Zur aktuellen Situation in Jerusalem ein Kommentar von Jürgen Th. Müller. Er ist Leiter von Fokus Jerusalem TV (Keltern/Jerusalem).

Die Meldungen klingen alarmierend: Jüdische Teenager verwüsten einen christlichen Friedhof am Zionsberg, werfen Kreuze um und zerbrechen Grabsteine. Ein jüdischer Amerikaner zerstört ein Kruzifix in einer Kirche an der Via Dolorosa in der Jerusalemer Altstadt. Jüdische Extremisten randalieren in von Christen geführten Geschäften und Restaurants. Prompt zeigten sich Kirchenvertreter besorgt über „Hass und Gewalt gegen Christen in Israel“. Schuldige sind schnell gefunden: Die angeblich rechtsradikale Regierung von Ministerpräsident Netanjahu heize die Stimmung an. Insgesamt sechs Angriffe auf christliche Einrichtungen seit Jahresbeginn seien zu beklagen.

Tatsächlich gab es seit Jahresbeginn in Israel einige Hundert Angriffe auf Juden und jüdische Einrichtungen, mit Toten und Schwerverletzten. Doch zum arabischen Terrorismus schweigen viele Kirchenvertreter ebenso konsequent wie zur systematischen Unterdrückung und Benachteiligung ihrer Glaubensgeschwister im Gebiet der Palästinensischen Autonomiebehörde und im Gazastreifen, wo die Zahl der Christen immer weiter sinkt.

Dagegen steigt ihre Zahl in Israel kontinuierlich. Umfragen zufolge sind rund 84 Prozent der Christen mit ihrem Leben im jüdischen Staat „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“. Sie machen rund zwei Prozent der israelischen Bevölkerung aus und sind überdurchschnittlich erfolgreich. Christen haben höhere Bildungsabschlüsse als Juden und Muslime sowie eine geringere Arbeitslosenquote. Im Gegensatz zu den meisten Ländern in der Region genießen Christen in Israel die vollen Bürgerrechte.

Genau hinschauen

Mehr als drei Viertel der Christen in Israel sind Araber. Sie sehen sich Anfeindungen ausgesetzt, meist von muslimischen Nachbarn. Außerdem leiden sie unter den Anti-Terror-Maßnahmen der israelischen Regierung: plötzlich abgeriegelte Gebiete, nächtliche Razzien, respektloses und schikanöses Verhalten israelischer Beamter an Kontrollstellen. Das hat jedoch nichts mit ihrer Religion zu tun – die israelischen Sicherheitskräfte unterscheiden nicht zwischen christlichen und muslimischen Arabern.

Viele arabische Kirchenführer, vor allem in Jerusalem, äußern sich offen anti-israelisch. Etliche sind finanziell von israelkritischen westlichen Kirchen abhängig und wollen sich nicht dem Verdacht aussetzen, mit den „zionistischen Besatzern“ zu kooperieren. Diese Leiter sorgen dafür, dass die eingangs erwähnten Meldungen weltweit Schlagzeilen machen.

Tatsächlich wurden die beiden Teenager, die den Friedhof verwüsteten, von der Polizei ermittelt, sie müssen sich vor Gericht verantworten. Die israelische Regierung ist wohl kaum für das Verhalten eines offenbar psychisch gestörten amerikanischen Touristen verantwortlich. Mittlerweile erscheint auch die Schlägerei in den christlich-arabischen Läden in einem neuen Licht: Auslöser waren wohl gegenseitige Provokationen. Es ging um Politik, nicht um Religion. Dass extremistische Juden die Christen aus dem Heiligen Land vertreiben wollen, ist antisemitische Propaganda. Wir sollten darauf nicht hereinfallen.

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