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Bericht

Weltverfolgungsindex: Gewalt gegen Christen erreicht Rekordniveau

18.01.2024

Im pakistanischen Jaranwala wurden am 16. August 2023 rund 20 Kirchen niedergebrannt und viele Häuser von Christen zerstört. Hier die Reste einer Bibel. Foto: Open Doors
Im pakistanischen Jaranwala wurden am 16. August 2023 rund 20 Kirchen niedergebrannt und viele Häuser von Christen zerstört. Hier die Reste einer Bibel. Foto: Open Doors

365 Millionen Christen sind einem extremen oder hohen Maß an Verfolgung ausgesetzt

Die Gewalt gegen Christen hat weltweit ein neues Rekordniveau erreicht: Im Berichtszeitraum vom 1. Oktober 2022 bis zum 30. September 2023 waren mehr als 365 Millionen Christen einem extremen oder hohen Maß an Verfolgung ausgesetzt. Das sind fünf Millionen Betroffene mehr als noch im Jahr zuvor.

Das geht aus dem am 17. Januar veröffentlichten 31. Weltverfolgungsindex (WVI) des überkonfessionellen Hilfswerks Open Doors hervor.

Laut Bericht wurden Christen in 78 Ländern aufgrund ihres Glaubens diffamiert, schikaniert, inhaftiert, geschlagen, vertrieben und ermordet. 42.849 Christen seien physisch misshandelt oder mit dem Tode bedroht worden. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 29.411 Betroffene. Angriffe auf die Häuser von Christen seien um 371 % gestiegen auf 21.431 gestiegen.

Äthiopien: Ein Vater liest seinen beiden Söhnen aus der Bibel vor. Foto: Open Doors

Als Reaktion auf die jüngsten Entwicklungen äußerte der Leiter von Open Doors Deutschland, Markus Rode: „Wir schreiben das Jahr 2024 nach Christi Geburt und müssen eine schier entfesselte Gewalt gegen Christen erleben. Ist Religionsfreiheit nur noch ein Lippenbekenntnis?“ Er rief Politiker und die Medien dazu auf, sich für die Religionsfreiheit einzusetzen.

Nordkorea: Über 20 Jahre auf Platz eins

Erneut führt Nordkorea die Liste der Länder an, in denen Christen am stärksten Verfolgung erleben. Das kommunistisch regierte Land hatte von 2002 bis 2020 bereits Platz eins belegt und war nur 2021 von Afghanistan kurzzeitig abgelöst worden. Dort sei das Ausmaß der religiös motivierten Gewalt aber zurückgegangen, weil viele Christen nach der Machtergreifung durch die Taliban ins Ausland geflohen seien.

Der IS im Irak hatte Farahs Haus und Geschäft zerstört und ihre Kirche, vor der sie steht, beschossen. Dank eines Mikrokredits besitzt und leitet sie heute einen Schönheitssalon in der Ninive-Ebene. Foto: Open Doors

Sonst hat sich auf den vorderen Plätzen des Index gegenüber dem Vorjahr nur wenig verändert. Die minimalen Verbesserungen einzelner Staaten bedeuten dem Pressesprecher von Open Doors, Ado Greve, zufolge aber keine grundlegenden Veränderungen. Dass Länder weiter hinten im Ranking stehen, ergebe sich oft durch die Verschlechterung der Situation in anderen Staaten, sagte er IDEA.

Subsahara: Gewalt und Vertreibung

4.606 der weltweit 4.998 getöteten Christen starben in Ländern südlich der Sahara. 9 von 10 dieser Morde fanden in Nigeria statt. Auch eine Zunahme der Angriffe auf Kirchen, christliche Häuser, Schulen, Einrichtungen und Geschäfte sei zu verzeichnen.

In Nigeria nehmen Frauen an einer biblischen Schulung teil, um im Glauben gestärkt zu werden und ihre Traumata zu überwinden. Foto: Open Doors

Laut Open Doors sind die Gründe dafür vielfältig: „Ein roter Faden zeigt sich jedoch darin, dass extremistisch-islamische Gruppen die destabilisierenden Bedingungen auf dem gesamten Kontinent ausnutzen.“ Schon in den vergangenen Jahren hätten Probleme in den Bereichen Regierungsführung und Sicherheit mehr Raum für dschihadistische Aktivitäten in Burkina Faso, Mali, Nigeria, Somalia, Mosambik und anderen Ländern geschaffen.

China: 10.000 Kirchen geschlossen

Auch in China (Platz 19) müssen Christen mit Bedrängung rechnen: Das kommunistische Regime habe mehr als 10.000 Kirchen im Berichtszeitraum geschlossen. Versammlungsverbote, die ursprünglich zur Eindämmung der Covid-Pandemie eingeführt wurden, seien vielerorts nicht aufgehoben worden. Deswegen träfen sich viele Hauskirchen wieder in kleinen Hausgruppen, um schwerer aufspürbar zu sein. Dazu heißt es: „Zahlreiche behördliche Maßnahmen zur Regelung des religiösen Lebens zielen darauf ab, das kirchliche Leben zu schwächen oder zu verbieten.“

In Indien (Platz 11) stieg die Gewalt gegen Christen kurz vor den Wahlen rapide an.

Pastor Mohan von den Christen der Meitei blickt auf seine Kirche, die bei den Unruhen im indischen Manipur im Mai 2023 zerstört wurde. Seine Familie wurde mit dem Tod bedroht, konnte aber entkommen. Foto: Open Doors

Die Zahl der ermordeten Christen verzehnfachte sich (2022: 17; 2023: 160), die religiös motivierten Angriffe auf Kirchen und deren Einrichtungen (2022: 67; 2023: 2.228), Häuser (2022: 180; 2023: 5.900) und Unternehmen (2022: 37; 2023: 1.572) von Christen nahmen zu.

Die Zahl der vertriebenen Christen stieg noch stärker an: 2022 waren 834 betroffen, 2023 bereits 62.000. Epizentrum der Gewalt sei der nordöstliche Bundesstaat Manipur gewesen. Der seit Jahren propagierte Hindu-Nationalismus des amtierenden Premierministers Narendra Modi und seiner Partei BJP habe die Unruhen in Manipur befeuert und präge große Teile des Landes. Extremistische Hindus sähen Christen als Fremdkörper in Indien an.

Wie die Rangliste entsteht

Die Forschungsabteilung von Open Doors sammelt Daten in fünf Lebensbereichen: Privatleben, Familienleben, gesellschaftliches Leben, Leben im Staat und kirchliches Leben. Hinzu kommt die Kategorie „Gewaltsame Übergriffe“. Das Ausmaß der Übergriffe wird für alle Bereiche in ein Punktesystem übertragen, um die unterschiedlichen Triebkräfte der Verfolgung in diesen Bereichen vergleichen zu können.

In diesen 13 Ländern werden Christen laut Open Doors extrem verfolgt

1. Nordkorea (2022: 1)
2. Somalia (2)
3. Libyen (5)
4. Eritrea (4)
5. Jemen (3)
6. Nigeria (6)
7. Pakistan (7)
8. Sudan (10)
9. Iran (8)
10. Afghanistan (9)
11. Indien (11)
12. Syrien (12)
13. Saudi-Arabien (13)

Die Forschungsabteilung hat insgesamt neun Triebkräfte definiert, die gewaltsame und gewaltlose Verfolgung von Christen beschreiben: Kommunistische Unterdrückung, säkulare Intoleranz, diktatorische Paranoia, organisierte Verbrechen und Korruption, ethnisch-religiöse Feindseligkeit, Unterdrückung durch den Clan/Stamm, konfessioneller Protektionismus, religiös motivierter Nationalismus und islamische Unterdrückung.

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Open Doors verweist darauf, dass es keine allgemein anerkannte rechtliche Definition des Begriffes Verfolgung gebe. Die WVI-Methodik folge „eher einer theologischen als einer soziologischen oder juristischen Definition“. Nach diesem Ansatz sei Verfolgung definiert als „jegliche Art von erlebter Anfeindung aufgrund der Identifikation einer Person mit Christus“.

Auch in Algerien (Platz 15) werden Christen durch Kirchenschließungen unterdrückt. Lesen Sie dazu einen Erfahrungsbericht.

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