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Menschenrechte

Antisemitismus geht nicht nur von Rechtsradikalen aus

06.06.2019

Bei einer Solidaritätskundgebung am 27. Mai in Hannover nahmen über 300 Personen teil. Auslöser war ein Brandanschlag auf das Wohnhaus eines jüdischen Ehepaares in Hemmingen zehn Tage zuvor. Foto: picture-alliance/dpa
Bei einer Solidaritätskundgebung am 27. Mai in Hannover nahmen über 300 Personen teil. Auslöser war ein Brandanschlag auf das Wohnhaus eines jüdischen Ehepaares in Hemmingen zehn Tage zuvor. Foto: picture-alliance/dpa

Hannover (idea) – Kritik an der einseitigen Ausrichtung einer Demonstration gegen Antisemitismus hat der Arbeitskreis Hannover des christlichen Vereins „Israelfreunde Norddeutschland“ geübt. In der Nacht vom 17. auf den 18. Mai 2019 hatten bislang unbekannte Täter einen Brandanschlag auf das Wohnhaus eines jüdischen Ehepaares in Hemmingen bei Hannover verübt. Das Paar war unverletzt geblieben. Daraufhin bildete sich das Bündnis „Gegen jeden Antisemitismus“, dem unter anderem jüdische Gemeinden und Verbände, der Flüchtlingsrat Niedersachsen, die Deutsch-Israelische Gesellschaft, Amnesty International, die Amadeu Antonio Stiftung Niedersachsen, „No Borders Hannover“ sowie eine Reihe weiterer überwiegend politisch linker Gruppen angehört. Sie luden zu einer Mahnwache in Hemmingen am 23. Mai sowie einer Solidaritätskundgebung am 27. Mai in Hannover ein. Es kamen jeweils über 300 Teilnehmer. Jörg Haller, der Sprecher des Arbeitskreises Hannover der „Israelfreunde Norddeutschland“, warf den Veranstaltern eine einseitige Sichtweise auf den Antisemitismus vor. Einer europaweiten Studie zufolge kämen 30 Prozent der antisemitischen Übergriffe von Muslimen, 21 Prozent von linksradikalen Tätern und 13 Prozent von Rechtsradikalen. Die Veranstalter erweckten dagegen den Eindruck, Antisemitismus gehe überwiegend auf Rechtsradikale zurück, so Haller gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea.

Vorwurf: Christliche Gruppen wurden nicht angefragt

Haller kritisiert auch die Zusammensetzung des Bündnisses. Weder liberale noch konservative christliche Gruppen seien angefragt worden. „Das ist ein Wegrutschen und eine Spaltung der Solidarität und führt eine projüdische Sache durch die mittransportierten politisch einseitigen Botschaften ad absurdum.“ Amnesty International arbeite eng mit Gruppen zusammen, die die Israel-Boykott-Initiative BDS unterstützten und Israel dämonisierten. Ein weiterer Teilnehmer, das „No-Border“-Netzwerk, bestehe „aus bekennenden Anarchisten und Linksextremisten“. Wenn deren Ziel, die Abschaffung aller zwischenstaatlichen Grenzen, erreicht wäre, gäbe es „in Kürze kein Israel mehr“, so Haller. Mit der Beteiligung dieser Gruppen schade man letztlich den Juden und „heiligt die Agenda all dieser Gruppen“. Haller forderte, die Ursachen und die Verantwortlichen für Antisemitismus differenziert zu benennen, da schon heute viele Juden an Auswanderung dächten. „Das ist Selbstbetrug, und solche Demos werden dann zur Show – und zu einer Befriedigung eigener Weltanschauung, aber führen die Probleme nur ad absurdum und helfen nicht, diese zu lösen.“

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