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Pfarrerblatt: Theologin kritisiert infantile und banale Predigten

27.03.2024

Leidet die Predigtkultur in Deutschland? Foto: pixabay.com
Leidet die Predigtkultur in Deutschland? Foto: pixabay.com

Scharfe Kritik an infantilen und banalen Predigten in der evangelischen Kirche hat die promovierte Theologin Katarina Kristinova (Oranienburg bei Berlin) im Deutschen Pfarrerinnen- und Pfarrerblatt geübt. Sie beobachtet eine „trivialisierte Verflachung der christlichen Botschaft“ in der Verkündigung. Dazu gehöre der Versuch, neue Sprachbilder zu kreieren.

Dazu heißt es: „Während der politische Jargon durchtränkt ist von ‚Doppelwummsen‘ und ähnlichem Unrat, spricht man in den Konfirmationspredigten von Gott als einem netten Typen, den nix umhaut, egal was man auch ausgefressen hat, oder von Gottes Supermarkt, in dem man alle Zutaten für seinen Basissuppe bekommen kann und dergleichen.“

Nach den Worten der Theologin zieht „die unreflektierte Produktion solch schwachsinniger Metaphern die Substanz des christlichen Glaubens geradezu ins Lächerliche und lässt an der theologischen Zurechnungsfähigkeit von deren Schöpferinnen und Schöpfern stark zweifeln. Kein Wunder, dass angesichts dieser frommen Geschwätzoffensive Gott im Bewusstsein der postmodernen Gesellschaft zu einer Witzfigur degeneriert und aktuell auf der Bedeutungsskala irgendwo zwischen Weihnachtsmann und Osterhasen rangiert.“

Predigttexte werden „gewaltsam passend gemacht“

Kristinova zufolge gibt es etwa Predigten, die irgendwo auf dem halben Weg zwischen Exegese und Moral stehen blieben. Die Verkündiger wagten vielleicht sogar radikale Fragen, blieben jedoch Antworten schuldig. Andere Prediger wechselten gleich die Fronten und konzentrierten sich unter dem Vorwand der gesellschaftlichen Relevanz ganz auf Geschichte oder Politik.

In alledem werde der Predigttext als „notwendiges Übel“ halbherzig hingenommen und „gewaltsam passend gemacht“. Selten erlebe sie, so die Theologin, Prediger, „die mit dem biblischen Text wirklich ringen, um ihn mit Hilfe des theologischen und rhetorischen Handwerks dann selbst sprechen zu lassen“.

Als besonders befremdlich empfindet es die Autorin, wenn versucht werde, weitgehend auf Sprache und Inhalte zu verzichten und stattdessen auf Performanz und Form zu setzen. Dieser Wechsel zu Eventisierung der Religion geschehe unter der Parole der sogenannten Ganzheitlichkeit. „Doch solange solche performativen Aktivitäten nicht von einer gründlichen und kritischen theologischen Reflexion begleitet werden, verflachen sie zum infantilen Spiel mit der Beliebigkeit.“

Die promovierte Theologin Katarina Kristinova. Foto: Privat

Menschen nicht mit „Poesiealbumsprüchen“ abspeisen

Kristinova warnt davor, Trostsuchende etwa mit „dogmatisch-frommem Kauderwelsch“ oder „Poesiealbumsprüchen“ abzuspeisen. „Mehr kann sich eine Kirche, die sich ausgerechnet auch noch Kirche des Wortes nennt, nicht an Gott und Menschen versündigen!“

Gründe für die „inhaltliche Dürftigkeit der heutigen Predigtkultur“ sieht die Autorin auch in der Theologenausbildung: „Die Schwäche des eigenen theologischen Denkens fällt nicht auf, solange es bei den Examina ausschließlich um Wiedergabe des fremden Denkens geht, welches man sich unter Umständen auch ohne Denken aneignen kann.“

Kristinova studierte Theologie in Bratislava und Berlin. Von 2008 bis 2023 war sie Religionslehrerin in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Zurzeit ist sie Dozentrin und pädagogische Begleiterin in mehreren Bildungseinrichtungen. Kristinova ist auch Vorsitzende des Landesverbandes Berlin-Brandenburg der Evangelischen Akademikerschaft in Deutschland.

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