Ressorts
icon-logo

Frei-/Kirchen

Kirche bekennt Mitschuld an Verfolgung der Sinti und Roma

30.01.2023

Anette Kurschus ist EKD-Ratsvorsitzende. Foto: Jens Schulze
Anette Kurschus ist EKD-Ratsvorsitzende. Foto: Jens Schulze

Hannover (IDEA) – Die evangelische Kirche hat sich zur Mitschuld an der Verfolgung von Sinti und Roma bekannt. Sie will sich „mit der bis in die Gegenwart reichenden Schuldgeschichte der Kirchen“ auseinandersetzen. So heißt es in einer am 29. Januar in Hannover veröffentlichten Erklärung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Anlass ist der 40. Jahrestag der Gründung des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma. Der Erklärung zufolge hat die Abwertung der Ausgrenzung von Angehörigen der Sinti und Roma eine Geschichte, die lange zurückreicht: „Und nicht nur zur Zeit des Nationalsozialismus und des Völkermordes an Sinti und Roma war die Evangelische Kirche daran beteiligt, Menschen zu verraten und der Verfolgung und Vernichtung auszuliefern.“

Die Schuldgeschichte erstrecke sich auch über die Jahrzehnte danach, „indem begangenes Unrecht und das Leid der Opfer und ihrer Nachkommen nicht wahrgenommen wurden“. Stattdessen seien auch in der Kirche „antiziganistische Stereotypen unreflektiert weitergetragen und Menschen dadurch erneut und fortwährend in ihrer Würde verletzt“ worden.

Es erfülle die EKD „mit Scham“, dass den Sinti und Roma auch heute „strukturelle Diskriminierung“ widerfahre, wie der Bericht der von der Bundesregierung eingesetzten Unabhängigen Kommission Antiziganismus zeige.

Die EKD-Ratsvorsitzende, Präses Annette Kurschus (Bielefeld), erklärte: „Gemeinsam mit Angehörigen der Minderheit von Sinti und Roma wollen wir der Diskriminierung im Alltag von Kirche und Gesellschaft und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit insgesamt entgegenwirken.“

Zentralrat Deutscher Sinti und Roma nennt Erklärung historisch

Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose (Heidelberg), nannte die Erklärung historisch: „Die Evangelische Kirche bekennt sich darin erstmalig in dieser offiziellen Form vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte zu ihrer Verantwortung auch für unsere Minderheit.“

Die EKD setze damit „ein starkes Zeichen, um den seit Jahrhunderten tief in unserer Gesellschaft verankerten Antiziganismus zu ächten und um das Bewusstsein in Kirche und Gesellschaft über den Holocaust an 500.000 ermordeten Sinti und Roma im NS-besetzten Europa zu stärken“.

In Deutschland leben heute Schätzungen zufolge zwischen 80.000 und 120.000 Sinti und Roma. Die EKD wird sich nach eigenen Angaben mit Projekten im Bildungsbereich „gegen antiziganistische Zerrbilder und für eine inklusive Praxis einsetzen“.

Dazu suche sie weiter die Kooperation sowohl mit dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma als auch mit dem Netzwerk „Sinti, Roma, Kirchen“. Darüber hinaus will die EKD „die institutionelle Partizipation von Sinti und Roma in Politik und Gesellschaft nach Kräften unterstützen“.

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

IDEA liefert Ihnen aktuelle Informationen und Meinungen aus der christlichen Welt. Mit einer Spende unterstützen Sie unsere Redakteure und unabhängigen Journalismus. Vielen Dank. 

Jetzt spenden.

4 Wochen IDEA Digital 8,50 Euro 1,00 Euro

Entdecken auch Sie das digitale Abo mit Zugang zu allen Artikeln auf idea.de