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Glaube

Braucht es eine Bibel in gerechter Sprache?

27.10.2021

Die Bibel in gerechter Sprache ist ein umstrittenes Projekt. Symbolbild: unsplash.com
Die Bibel in gerechter Sprache ist ein umstrittenes Projekt. Symbolbild: unsplash.com

Wetzlar (IDEA) – Die „Bibel in gerechter Sprache“ will die biblischen Texte geschlechtergerecht übersetzen. 15 Jahre nach der Erstveröffentlichung soll jetzt die Arbeit an einer Neufassung beginnen. Aber braucht es ein solches Projekt überhaupt? In einem Pro und Kontra für die Evangelische Nachrichtenagentur IDEA (Wetzlar) äußern sich dazu die Theologieprofessorin Claudia Janssen (Wuppertal) und die Buchautorin Nicola Vollkommer (Reutlingen).

Pro: Sprache hat verändernde Kraft

„Sprache ist ein Spiegel der Wirklichkeit und hat zugleich eine verändernde Kraft, indem sie neue Bilder schafft und Räume öffnet“, schreibt Janssen. Die „Bibel in gerechter Sprache“ habe seit ihrem Erscheinen 2006 „das Bibellesen verändert“. So könne seitdem keine neue Bibelübersetzung mehr ausschließlich von „Brüdern“ sprechen. „Auch im Blick auf den Gottesnamen sind wichtige Impulse gesetzt worden.“

In den vergangenen Jahren seien in der Theologie weitere Fragen der Geschlechtergerechtigkeit, der Überwindung des christlichen Antijudaismus und des Postkolonialismus diskutiert worden. Deswegen stellten sich jetzt neue Fragen, etwa: „Kann eine Bibel mit Gendersternchen funktionieren? Wie schlagen sich die kritischen Anfragen postkolonialer Theologien in der Art und Weise nieder, wie wir die Bibel lesen?“ Das solle jetzt für die Neufassung mit möglichst vielen Menschen diskutiert werden, schreibt die Theologin, die selber an dem Projekt mitarbeitet. „Denn jede Generation muss sich die Bibel neu aneignen und das Verständnis des biblischen Textes in eigene Sprache fassen.“

Kontra: Verfälschung des Urtextes

Für Vollkommer ist die „Bibel in gerechter Sprache“ mehr als der Versuch einer sprachlichen Anpassung. „Einen Urtext dermaßen zu verfälschen, widerspricht den einfachsten Grundlagen des Urheberrechts.“ So sei eine zentrale Aussage der Heiligen Schrift, dass Gott „Herr und Vater“ ist. Sie werde entkräftet, wenn man stattdessen Bezeichnungen wie „die Lebendige“, „der Ewige“ oder „die Heilige“ verwende. Außerdem sei die Bibel schon in ihrer ursprünglichen Version „frei von archaischen Stereotypen“ sowie „inklusiv und divers bis zum Abwinken“.

So werde Gott nicht nur als Vater, Schöpfer und Sieger beschrieben, sondern etwa auch als eine Mutter, die ihr Kind stillt. In seiner Anhängerschaft gebe es „kämpferische Frauen, heulende Männer und alle Varianten dazwischen“. Die verschiedensten Menschen fänden in der Bibel eine unwiderstehliche Liebe, die sie verwandelt. „Wir brauchen keine Bibel mit gerechter Sprache. Wir haben schon eine, die nicht zu toppen ist“, so Vollkommer.

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