Bericht
Biblische Archäologie: Wie ein winziges Amulett die Bibel bestätigt
24.03.2022
Ein Expertenteam hat auf dem Berg Ebal bei Nablus einen erstaunlichen Fund gemacht. Die Ergebnisse wurden am 24. März veröffentlicht. Andreas Späth fasst sie für IDEA zusammen.
Das fünfte Buch Mose berichtet in Kapitel 27 von der rituellen Handlung, durch die Gott das Land Kanaan dem Volk Israel nach dem Überschreiten des Jordan übereignet: Das Volk wird gesegnet, aber wer bestimmte Gebote Gottes übertritt, wird verflucht. Leviten aus sechs Stämmen sollten auf dem Berg Ebal stehen und die Fluchworte aussprechen. Das Volk soll jeden Fluch mit einem „Amen“ bestätigen. Vorher sollten die Worte des Gesetzes auf mit Kalk getünchte Stelen geschrieben und auf dem Ebal aufgestellt werden, ebenso ein Altar aus unbehauenen Steinen.
Uralte Kultstätte auf dem Ebal
Bei Ausgrabungen auf dem Ebal wurde bereits vor Jahren ein Heiligtum entdeckt, das mit dem von Josua errichteten Altar identifiziert wird. Schon allein das ist interessant, weil damit der biblische Bericht insofern bestätigt wird, dass es dort eine uralte Kultstätte gab. Nun haben weitere Untersuchungen des Grabungsschutts durch den US-Archäologen Scott Stripling einen der bedeutendsten Funde der biblischen Archäologie der letzten Jahrzehnte zutage gefördert: In den Ruinen des Ebal-Altars wurde ein Blei-Amulett von nur ca. 2 × 2 cm Größe gefunden. In einem aufwendigen Magnetresonanzverfahren wurde das zusammengefaltete Amulett durchleuchtet und die Inschrift sichtbar gemacht. Dank dem auf die Visualisierung solcher Texte spezialisierten Prager „micro CT laboratory“ konnten die beiden Schriftexperten Gershon Galil (Universität Haifa) und Pieter Gert van der Veen (JGU Mainz) den Text entziffern.
Was auf dem Amulett steht
Das Ergebnis war erstaunlich. Passend zu 5. Mose 27 und Josua 8,30-35 handelt es sich um einen Ächtungstext: „Du bist vom Gott JHW verflucht / Du wirst sterben – verflucht / Verflucht – du wirst sicher sterben / Verflucht – von JHW – verflucht“. Der Text ist im proto-alphabetischen Hebräisch der Spätbronzezeit geschrieben. Auch der Fundkontext (13. Jh. v. Chr.) weist zurück auf die biblische Richterzeit (ab 14. Jh. v. Chr.). Die Inschrift dürfte damit der bisher älteste gefundene hebräische Text sein.
Auch der Inhalt ist revolutionär. Er belegt, dass die in der Bibel geschilderten Ereignisse keineswegs spätere Erfindungen nach Babylon deportierter Judäer (ab 597 v. Chr.) waren, sondern dass es schon vor der von der historisch-kritischen Forschung zugestandenen Spätdatierung der Landnahme um 1200 v. Chr. Israeliten im zentralen Hügelland Israels gab. Denn nach dem Alten Testament ereignete sich die Landnahme der Israeliten wohl bereits 200 Jahre früher (1. Könige 6,1; Richter 11,26). Der Schriftfund ist somit das fehlende Glied, mit dem die Geschichte Israels der Richterzeit in die Nähe der biblisch ausgewiesenen Zeit rückt. Denn hier wird nicht nur belegt, dass der Ebal damals tatsächlich ein Kultort war, sondern auch, dass die Israeliten Jahwe bereits als ihren Gott verehrten.
Immer wieder bestätigen archäologische Funde die Bibel. IDEA beleuchtet darum das Thema Biblische Archäologie in einer zwölfteiligen Serie, die etwa einmal pro Monat erscheint. Lesen Sie hier den ersten Beitrag.
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