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Zwei Rücktritte beschäftigen die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz

18.06.2020

Der zurückgetretene Ratspräsident der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, Gottfried Locher. Archivfoto: EKS
Der zurückgetretene Ratspräsident der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, Gottfried Locher. Archivfoto: EKS

Bern (idea) – Zwei Rücktritte beschäftigen die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS): Ende Mai legte der seit 2011 amtierende Präsident der Kirche, Gottfried Locher (53), sein Amt nieder. Einen Monat zuvor war die Kirchenrätin für das Ressort Liturgie und Kirchenentwicklung, Sabine Brändlin, wegen „unüberbrückbarer Differenzen“ aus dem Leitungsgremium der Kirche, dem Rat, ausgetreten. Der Kirche liegt eine Beschwerde gegen Locher vor, der zufolge er in den Jahren 2011 bis 2013 „Grenzverletzungen“ gegenüber einer ehemaligen Angestellten der Kirche begangen haben soll. Bei der jüngsten Sitzung der Kirchensynode am 15. Juni in Bern wurden weitere Hintergründe für beide Rücktritte bekannt: Der Kirchenratspräsident der Reformierten Landeskirche Aargau, Christoph Weber-Berg, berichtete dort laut der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ), dass es weitere Frauen gegeben haben soll, die Locher unter Druck gesetzt habe, um sich ihnen „ungebührlich zu nähern“. Ferner teilte die EKS mit, dass Locher und Brändlin zwischen 2018 und 2019 eine außereheliche Affäre gehabt hätten. Als Mitglied des „Rates für Prävention von Grenzverletzungen und sexuellen Übergriffen“ der Kirche habe sie die Vorwürfe gegen Locher klären sollen.

Kirchenrat: „Wir liegen nicht am Boden“

Wie das Medienunternehmen Schweizer Radio und Fernsehen SRF berichtete, wollte der Kirchenrat wegen des Persönlichkeitsschutzes der Beteiligten die Affäre nicht publik machen. Doch ein Ratsmitglied, Ulrich Knoepfel (Glarus), habe sich dann doch aus Gewissensgründen öffentlich geäußert. Wie er dem SRF sagte, hätte Sabine Brändlin nie die Beschwerde gegen Locher bearbeiten dürfen. Aufgrund der Affäre müsse man sie als befangen ansehen. Allerdings widersprach Knoepfel dem Sender, dass die Kirche vor einem Scherbenhaufen stehe: „Wir liegen nicht am Boden, weil der Präsident und ein Ratsmitglied ausgeschieden sind. Wir müssen die Sache jetzt aufräumen. Wir brauchen zwei neue Ratsmitglieder.“

Brändlin setzte sich 2018 für die Wiederwahl Lochers ein

Nach Angaben der NZZ hat sich Brändlin 2018 für die Wiederwahl Lochers als Kirchenpräsident eingesetzt. Der Zeitung sagte Knoepfel: „Wäre die Affäre bekannt gewesen, wäre Locher wohl nicht im Amt bestätigt worden.“ Zwar habe es schon damals Gerüchte über die Beziehung gegeben, doch Locher haben auf Rückfragen aus dem Rat alles bestritten. Laut NZZ soll nun eine Rechtsanwältin aus Zürich als externe Expertin im Auftrag der Kirche die Anschuldigungen gegen Locher untersuchen. Dem reformierten Nachrichtenportal ref.ch zufolge soll Locher eine Abfindung erhalten haben. Sie liege deutlich unter dem, was bis zum Ende der Amtszeit geflossen wäre, und solle ihm Zeit geben, sich neu zu orientieren. Seit 2015 ist Locher auch geschäftsführender Präsident der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE). Das GEKE-Leitungsgremium tagt turnusgemäß am 26. Juni. Dort werden dann auch die Vorgänge rund um Locher zur Sprache kommen. In der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, dem früheren Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund, sind 25 reformierte Landeskirchen und die Evangelisch-methodistische Kirche mit gemeinsam 2,1 Millionen Mitgliedern zusammengeschlossen. Das sind 25,7 Prozent der 8,5 Millionen Schweizer.

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