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„Fall Latzel“: Verteidigung fordert Freispruch

16.05.2022

Pastor Olaf Latzel (Mitte) mit seiner Verteidigung vor Gericht. Foto: IDEA/David Wengenroth
Pastor Olaf Latzel (Mitte) mit seiner Verteidigung vor Gericht. Foto: IDEA/David Wengenroth

Bremen (IDEA) – In dem Berufungsverfahren gegen den Pastor der Bremer St.-Martini-Gemeinde, Olaf Latzel, haben am dritten Verhandlungstag am 16. Mai Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Schlussplädoyers gehalten. Während Staatsanwältin Melina Lutz für eine erneute Verurteilung wegen Volksverhetzung plädierte, forderten die Verteidiger Sascha Böttner und Mathias Schult einen Freispruch.

Hintergrund: In dem Verfahren überprüft das Landgericht Bremen das Urteil des Amtsgerichts Bremen, das Latzel am 25. November 2020 wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 8.100 Euro (90 Tagessätze) verurteilt hatte. Der Grund waren Aussagen des Pastors in einem Eheseminar seiner Gemeinde im Oktober 2019. Es wurde im März 2020 als Audiodatei auf YouTube veröffentlicht.

Darin hatte er unter anderem Homosexualität als eine „Degenerationsform der Gesellschaft“ bezeichnet und gesagt: „Diese Homolobby, dieses Teuflische kommt immer stärker, immer massiver, drängt sich immer mehr hinein.“ Darüber hinaus sagte er: „Überall laufen diese Verbrecher rum vom Christopher Street Day.“

Latzel hatte sich für die Aussagen entschuldigt und die Aufzeichnung im Internet gelöscht. Die Bremische Evangelische Kirche hatte Latzel vorübergehend vom Dienst enthoben; inzwischen darf er aber wieder arbeiten.

Staatsanwältin: Gefährdung des öffentlichen Friedens

Staatsanwältin Melina Lutz sagte in ihrem Plädoyer, zum öffentlichen Frieden gehöre ein Klima der Toleranz. Die Ansicht, das Homosexualität eine Sünde sei, dürfe durchaus öffentlich vertreten werden, aber nicht in einer „schmähenden oder diffamierenden Weise“. Homosexuelle seien in der Vergangenheit oft diskriminiert und verfolgt worden.

Latzel habe ihnen in seinem Vortrag unterstellt, die gesamte Kultur und Zivilisation zu gefährden. Dadurch habe er suggeriert, dass man sie „nicht einfach auf der Straße herumlaufen lassen“ dürfe. Er habe ihnen das Recht abgesprochen, als gleichberechtigte Personen am öffentlichen Leben teilzunehmen. Dadurch habe er zum Hass gegen sie aufgestachelt und ihre Menschenwürde verletzt.

Verteidigung: Keine Hetze und kein Aufstacheln

„Es gibt keine Volksverhetzung ohne Volk und ohne Hetze“, sagte Böttner in seinem Plädoyer. Latzel habe sich mit seinen Aussagen im Eheseminar weder an „das Volk“ – also an die Öffentlichkeit – gewendet, noch Hetze betrieben. Stattdessen habe er in dem Vortrag vor Mitgliedern seiner bibeltreuen Gemeinde auf die Folgen von Sünden hingewiesen.

„Wenn man nicht mehr auf Sünden hinweisen darf, ist das das Ende der Religionsfreiheit“, sagte Böttner. Der Schutz von Meinungsfreiheit und die Religionsfreiheit gelte auch für kritische Haltungen zur Homosexualität. Der Straftatbestand der Volksverhetzung dürfe nicht „zum Einfallstor werden, um jede missliebige Meinung zu verbieten und mit Strafe zu belegen“.

Außerdem sagte der Verteidiger, der „Fall Latzel“ sei von Anfang „juristisch völlig klar“ gewesen. Das harte Vorgehen der Staatsanwaltschaft erwecke den Eindruck, dass sie dem Wunsch von Bremer Politikern entsprechen wolle, den unbequemen konservativen Pastor „loszuwerden“.

Im zweiten Plädoyer der Verteidigung erinnerte Schult daran, dass Latzel die Aufzeichnung des Vortrages noch vor der Eröffnung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft aus dem Internet genommen und sich entschuldigt hatte.

Schon dieses Verhalten widerspreche der Annahme, er habe Hetze betreiben oder zum Hass aufstacheln wollen. Das Gericht hat für das Verfahren insgesamt vier Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil wird am 20. Mai verkündet.

Weitere Meldungen zu dem Verfahren in der Übersicht:

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