Kommentar
Verfolgung: Warum Protestbriefe etwas bewirken
18.10.2023
In zahlreichen Ländern der Welt ist die Religionsfreiheit stark einschränkt. Menschen werden wegen ihres Glaubens eingeschüchtert, gefoltert und eingesperrt. Auch die mittlerweile in den USA lebende Iranerin Mary Mohammadi hat in ihrem Heimatland wegen ihres christlichen Glaubens im Gefängnis gesessen. Wie können Christen in Deutschland den weltweit inhaftierten Christen helfen? Die Evangelische Nachrichtenagentur IDEA hat Mohammadi gebeten, die Bedeutung von Protestaktionen zu erläutern.
Diktaturen weltweit tun ihr Bestes, um die Gesellschaft in ihren Ländern unter ihrer Kontrolle zu halten. Um ihre Ziele zu erreichen, versuchen sie jeden einzelnen Menschen in die gewünschte Bahn zu lenken. Gleichzeitig sind diese Diktaturen auf politische, wirtschaftliche, kulturelle und soziale Beziehungen mit anderen Ländern angewiesen.
Wie können da Privatpersonen im Einsatz für Menschenrechte etwas bewirken, wenn sie selbst politisch, sozial oder wirtschaftlich keine bedeutende Position haben? Kann eine Privatperson eine Rolle spielen für einen Menschen, der aus politischen, ideologischen oder religiösen Gründen verfolgt wird?
Meine klare Antwort ist „Ja“. Eine der einfachen, aber wirksamen Möglichkeiten ist das Schreiben von Protestbriefen. Sie können entweder an die Botschaft des Landes, in dem die Menschenrechtsverletzung stattfindet, oder an die zuständige Behörde Ihres Landes gerichtet sein. Im Folgenden erkläre ich, welche Vorteile die beiden Ansätze haben.
Warum Briefe an die Botschaft des Landes sinnvoll sind
Kein Diktator wird mit Grausamkeiten und Folter aufhören, wenn er keine negativen Reaktionen, Druck oder Strafen erlebt. Die Täter sehen dann, dass ihr Vorgehen keine Konsequenzen für sie hat und dass die „Maske der Akzeptanz“ ihre furchtbaren Taten verdeckt.
Deswegen: Schicken Sie einen Protestbrief an die Botschaft solcher Diktaturen, demaskieren Sie das Regime dadurch und schreien Sie ihnen ins Gesicht: „Wir wissen, was Ihr tut!“, „Wir sehen Euer wahres Gesicht!“, „Wir beobachten Eure Verbrechen!“
Anders als Politiker und Journalisten haben Sie als Privatperson wahrscheinlich keinen Zugang zu geheimen Informationen solcher Länder. Sie sind vermutlich mit Ihrem ganz normalen eigenen Leben, Ihren Problemen und persönlichen Zielen beschäftigt.
Ihre Protestbriefe zeigen, dass auch einfache Menschen von den Verbrechen wissen. Das birgt ernsthafte Gefahren für das internationale Ansehen der Diktaturen, weshalb sie um die Vertuschung, Rechtfertigung oder das Herunterspielen von Menschenrechtsverletzungen bemüht sind.
Selbst Diktatoren wissen, dass eine Gefährdung ihrer Legitimität zu einer Isolierung auf der internationalen Bühne führen kann. Es kann einen Schritt in Richtung des Zusammenbruchs eines Regimes bedeuten. Auf den ersten Blick mag das Verschicken eines Protestbriefes wie eine triviale und sehr kleine Aktion erscheinen. Viele davon können jedoch auf lange Sicht zu großen Veränderungen führen.
Der Stift, den Sie in der Hand halten, der Brief, den Sie in den Briefkasten werfen, und die Beharrlichkeit, mit der Sie zahlreiche Protestbriefe schreiben und versenden, sind politisch wichtig und wirksam.
Auch den Behörden und Politikern des eigenen Heimatlandes schreiben
Auch das Versenden von Protestbriefen an die eigenen Behörden und an Mitglieder der Bundesregierung kann sehr hilfreich sein. Denn Sie haben diese Politiker gewählt. Diese müssen ein offenes Ohr für Ihre Forderungen und Anliegen haben.
Die Menschenrechte sind eines der Instrumente in der Politik, die als Druckmittel eingesetzt werden können. Fordern Sie Ihre Politiker daher auf, die Menschenrechtsverletzungen in Diktaturen anzusprechen und zu verurteilen. Fordern Sie sie auf, diese nicht nur in Worten zu verurteilen, sondern auch durch Taten.
Die gewählten Volksvertreter können sich z. B. dafür einsetzen, Verhandlungen oder politische, wirtschaftliche und soziale Beziehungen mit menschenrechtsverletzenden Ländern sofort zu beenden. Und wenn Ihre Politiker und offiziellen Stellen Ihre Forderungen und Bedenken ignorieren, seien Sie nicht enttäuscht. Formulieren Sie Ihre Wut über das Schweigen von Politikern zu Menschenrechtsverletzungen.
Das Schreiben und Versenden von Protestbriefen ist nicht die einzige Möglichkeit, sich am Kampf für die Förderung der Menschenrechte zu beteiligen. Es gilt aber als eine der effektivsten Methoden. Wer mehr tun möchte, kann an friedlichen Protesten, Märschen oder Kundgebungen teilnehmen.
Lesen Sie hier ein IDEA-Interview mit Mary Mohammadi. In diesem Jahr hat sie den Stephanuspreis der Stephanus-Stiftung erhalten.
Die Evangelische Nachrichtenagentur IDEA benennt zusammen mit der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) seit über 20 Jahren einen „Gefangenen des Monats“. Sie rufen dazu auf, den jeweiligen Staatschef um die sofortige und bedingungslose Freilassung des Gefangenen zu bitten. Eine Übersicht über die „Gefangenen des Monats“ finden Sie hier.
IDEA bringt jedes Jahr ein Spezial zum Thema Christenverfolgung heraus. Das aktuelle Heft erscheint am 25. Oktober. Auch dort berichtet IDEA ausführlich über die Aktion „Gefangener des Monats“. Es kann hier bestellt werden.
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