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Gesellschaft

Wissenschaftler wenden sich gegen „Cancel Culture“

04.02.2021

Die Internetseite des neuen Netzwerkes. Foto: netzwerk-wissenschaftsfreiheit.de
Die Internetseite des neuen Netzwerkes. Foto: netzwerk-wissenschaftsfreiheit.de

Berlin (IDEA) – Gegen Versuche, die Freiheit von Forschung und Lehre ideologisch einzuschränken, hat sich das „Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“ gebildet. Darin haben sich am 3. Februar 70 Wissenschaftler aus dem deutschsprachigen Raum zusammengeschlossen. Sie wenden sich unter anderem gegen das Phänomen der „Cancel Culture“ (Löschkultur). Es beschreibt die Diskreditierung bestimmter Meinungen und Personen, insbesondere in den Sozialen Medien.

„Cancel Culture und Political Correctness haben die freie und kontroverse Debatte auch von Außenseiterpositionen vielerorts an den Universitäten zum Verschwinden gebracht“, heißt es in einer Mitteilung des Netzwerks.

In einem Manifest erklären die Wissenschaftler, es werde versucht, Forschung und Lehre weltanschaulich zu normieren und politisch zu instrumentalisieren: „Wer nicht mitspielt, muss damit rechnen, diskreditiert zu werden.“ Auf diese Weise werde ein Konformitätsdruck erzeugt, der immer häufiger dazu führe, wissenschaftliche Debatten im Keim zu ersticken.

Prof. Merkel: Wer sich islamkritisch äußert, wird als Rassist abgekanzelt

Zu den Methoden der Ausgrenzung erklärte der Rechtswissenschaftler Reinhard Merkel (Hamburg), wer – wie er selbst – islam- oder zuwanderungskritische Positionen äußere, werde ohne weitere Begründung als Rassist abgekanzelt: „Das ist eine emotionale Drohung von hohem Gewicht. Man wird gecancelt als moralische Person. Davor darf man Angst haben.“

Zu dem Netzwerk gehört auch die Ethnologin und Islamforscherin Prof. Susanne Schröter (Frankfurt am Main).  Als sie 2019 eine Tagung über das islamische Kopftuch organisierte, beschimpften Aktivisten sie als Rassistin. Studenten der Frankfurter Goethe-Universität forderten die Absetzung der Professorin. Schröter sprach daraufhin von einer Rufmordkampagne.

Zum Netzwerk gehört auch die Kirchenhistorikerin Wendebourg

Dem Netzwerk haben sich neben Juristen, Naturwissenschaftlern, Philosophen, Historikern und Politologen auch Theologen angeschlossen: Prof. Ingolf Dalferth (Claremont/Kalifornien), Prof. Günter Thomas (Bochum) und die Kirchenhistorikerin Prof. Dorothea Wendebourg (Berlin). Sie war von 1995 bis 2009 Kovorsitzende der Theologischen Kammer der EKD.

Die Leitung des Netzwerks bilden die Politologin Prof. Ulrike Ackermann (Frankfurt am Main), die Philosophin Prof. Maria-Sibylla Lotter (Bochum), der Staatsrechtler Prof. Martin Nettesheim (Tübingen) und der Historiker Prof. Andreas Rödder (Mainz). Als Sprecherin fungiert die Historikern Sandra Kostner (Schwäbisch Gmünd).

Prof. Wendebourg: Warum ich mich angeschlossen habe

Wendebourg äußerte sich auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA, warum sie sich dem Netzwerk angeschlossen hat. Sie habe dies deshalb getan, „weil immer mehr politisch-moralische Axiome, die bestimmte Gruppen verfechten und auf allen Ebenen durchzudrücken versuchen, zum Maßstab der Wissenschaft und allgemein der akademischen Tätigkeit erhoben werden“.

Zur Erläuterung: Unter Axiom versteht man einen als wahr erachteten Grundsatz, der keines Beweises bedarf. Wissenschaft beruht jedoch laut Wendebourg auf „dem Wettstreit unterschiedlicher, ja gegensätzlichen Argumente“ einschließlich der Offenheit, bislang vertretene Ansichten zu revidieren. Die Entwicklung gehe so weit, dass Professoren wegen angeblich rassistischer, sexistischer oder in falscher Richtung politischer Haltung angegriffen würden, ohne dass man sie anhöre. Dabei definierten „die Attackierenden“, was unter rassistisch, sexistisch oder falsch-politischer Anschauung zu verstehen sei.

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