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Schäuble: Protestanten müssen sich an die eigene Nase fassen

13.12.2020

Der Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Foto: wolfgangschäuble.de
Der Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Foto: wolfgangschäuble.de

Berlin (idea) – Die evangelischen Christen in Deutschland sind verantwortlich dafür, dass ihre Kirche in der Corona-Pandemie keine große Rolle spielt. Diese Ansicht vertrat Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“. Auf die Frage, warum in der gegenwärtigen Krise so wenig über den Glauben gesprochen werde, sagte der Politiker: „Ich bin Protestant und kann als solcher nicht die protestantische Kirche kritisieren, weil ich Teil dieser Kirche bin.“ Deshalb sehe er sich selbst in der Verantwortung für den Bedeutungsverlust der Kirche in den vergangenen 20 Jahren.

Für die Kirche gelte dasselbe wie für die politischen Parteien: „Sie sind so gut, wie ihre Mitglieder sie machen.“ Deshalb müssten „wir uns alle an die eigene Nase fassen“. In der Corona-Krise liege auch eine Chance für den Glauben. An ihrem Ende könne „stärker als heute die Einsicht stehen, dass wir Menschen nicht aus uns allein heraus leben, sondern dass es etwas gibt, das jenseits von unserer Verfügung steht. Das kann man dann als Religion bezeichnen.“

„Wir müssen die Verhältnismäßigkeit bewahren“

Schäuble wiederholte in dem Interview außerdem seine Einschätzung, dass in der Corona-Krise der Schutz des Lebens nicht automatisch absoluten Vorrang habe. Die hohe gegenwärtige Sterberate sei schlimm, denn jeder Tote sei einer zu viel. „Gleichzeitig müssen wir rational bleiben und die Verhältnismäßigkeit bewahren.“ Es sei zwar kein Trost für Menschen, die Verwandte oder Freunde durch die Pandemie verlieren, aber der Staat könne nicht jeden Menschen vor dem Tod schützen. Der Politiker hatte im April mit einer entsprechenden Aussage für Diskussionen gesorgt. Damals hatte er in einem Interview mit dem „Tagesspiegel“ erklärt, der Staat müsse in der Corona-Krise für alle Menschen die „bestmögliche gesundheitliche Versorgung“ gewährleisten.

„Wenn ich höre, alles andere habe vor dem ,Schutz von Leben‘ zurückzutreten, dann muss ich sagen: Das ist in dieser Absolutheit nicht richtig.“ Die Grundrechte beschränkten sich gegenseitig. Wenn es überhaupt einen absoluten Wert im Grundgesetz gebe, dann sei das die Würde des Menschen. Sie sei unantastbar, „aber sie schließt nicht aus, dass wir sterben müssen“.

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