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Latzel: Bremische Kirche nimmt Dienstenthebung zurück

15.04.2021

Pastor Olaf Latzel. Foto: IDEA/Kairospress
Pastor Olaf Latzel. Foto: IDEA/Kairospress

Bremen (IDEA) – Die Bremische Evangelische Kirche (BEK) hat die vorläufige Dienstenthebung des theologisch konservativen Pastors der Bremer St.-Martini-Gemeinde, Olaf Latzel, zurückgenommen. Das geht aus einer gemeinsamen Erklärung des Pastors und des Kirchenausschusses (Kirchenleitung) der BEK hervor. Latzel nimmt seinen Dienst in der Gemeinde sofort wieder auf.

Hintergrund: Der Kirchenausschuss hatte Latzel im Dezember 2020 vorläufig des Dienstes enthoben, weil das Amtsgericht Bremen ihn im November in erster Instanz wegen Volksverhetzung verurteilt hatte. Grund für die Verurteilung waren Aussagen in einem „Eheseminar“ seiner Gemeinde, das auf YouTube veröffentlicht wurde. Darin hatte Latzel unter anderem Homosexualität als eine „Degenerationsform der Gesellschaft“ bezeichnet und gesagt: „Überall laufen diese Verbrecher rum vom Christopher Street Day.“

Im Vorfeld der Äußerungen waren die St.-Martini-Kirche und das Gemeindehaus mit blasphemischen Parolen beschmiert und Latzel bedroht worden.

Später hatte Latzel sich für seine Aussagen entschuldigt und die Aufzeichnung im Internet gelöscht.

Das Urteil des Amtsgerichts ist noch nicht rechtskräftig, da Latzel und sein Anwalt Sascha Böttner (Hamburg) dagegen in Berufung gegangen sind.

Disziplinarkammer: Bedenken gegen Dienstenthebung

Der Pastor hatte außerdem bei der Disziplinarkammer der BEK eine Aussetzung der Dienstenthebung beantragt. Aufgrund dieses Antrags habe am 22. März ein nicht öffentlicher Erörterungstermin stattgefunden, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.

In dieser Sitzung habe die Disziplinarkammer „Bedenken gegen die vorläufige Dienstenthebung geäußert und den Beteiligten dringend eine vergleichsweise Einigung anempfohlen“. Daraufhin habe sich die Kirchenleitung zur Aufhebung des Dienstenthebungsbescheids bereit erklärt.

Latzel habe im Gegenzug eine weitere Bitte um Entschuldigung für seine umstrittenen Aussagen geäußert. Auf dieser Grundlage seien „einvernehmlich Regelungen zur weiteren Dienstausübung bis zum Abschluss des gegen Pastor Olaf Latzel laufenden Strafverfahrens und des Disziplinarverfahrens“ getroffen worden, so die Erklärung.

Gemeinde: Dankbar für erhörte Gebete

Der Kirchenvorstand der St.-Martini-Gemeinde begrüßte die Einigung. „Wir sind sehr dankbar, dass Gott unsere Gebete erhört hat“, erklärten die Vorstandsmitglieder Michael Franke, Jürgen Fischer und Markus Marzian in einer gemeinsamen Stellungnahme.

Ferner bedankten sie sich bei vier Mitgliedern der Gemeinde, die in den vergangenen Monaten die Predigtdienste übernommen hatten: Pastor i. R. Bernd Bierbaum, der Jugendreferent der Gemeinde, Paul Koch, sowie die zwei Prädikanten, der frühere Mitarbeiter des Missionswerks EMO (Evangeliumsgemeinschaft Mittlerer Osten), Eckhard Piegsa, und der ehemalige Mitarbeiter der DMG (Deutschen Missionsgemeinschaft), Herbert Katzner.

Der Konvent der Gemeinde hatte im März beschlossen, eine größere Unabhängigkeit von der Kirchenleitung anzustreben. Die Bremische Kirchenverfassung ermöglicht Gemeinden, zur Sicherung ihrer Glaubens- und Lehrfreiheit gegenüber der Landeskirche ein „Ruhenlassen der Rechte und Pflichten“ zu erklären.

In diesem Fall nimmt die Gemeinde nicht mehr an den gemeinschaftlichen Einrichtungen und Ordnungen der Landeskirche teil und entsendet keine Vertreter mehr zum Kirchentag (Kirchenparlament). Der Konvent hatte den Vorstand der Gemeinde beauftragt, diesen Schritt vorzubereiten. Dieser Beschluss gelte weiterhin, erklärte Fischer auf Nachfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA. 

Kuschnerus: Alle sollten „ihre Tonalität mäßigen“

Der Schriftführer der Bremischen Kirche, Pastor Bernd Kuschnerus, erklärte gegenüber IDEA, Latzels Dienstenthebung im Dezember sei „zu diesem Zeitpunkt der richtige Schritt gewesen“. Für die Landeskirche sei es dabei nicht um eine theologische Streitfrage gegangen, sondern um eine angemessene Reaktion auf die Verurteilung wegen Volksverhetzung. Durch die Einschätzung des Disziplinargerichts sei jetzt eine neue Sachlage eingetreten.

Eine wichtige Voraussetzung für die Einigung sei außerdem Latzels Bereitschaft gewesen, für seine Aussagen um Entschuldigung zu bitten und gemeinsam mit der Kirchenleitung Hassbotschaften grundsätzlich zu verurteilen. Die Kirchenleitung wolle jetzt „in intensiven Gesprächen mit Pastor Latzel und der Martini-Gemeinde bleiben“.

Es gebe trotz des Konflikts um Latzels Dienstenthebung grundsätzlich „keine Frontstellung“ gegen die Gemeinde. Das zeige sich auch daran, dass die Landeskirche in den vergangenen Jahren erhebliche Finanzmittel für die Erhaltung der Martini-Kirche und für Projekte der Gemeinde gegeben habe.

Weiter sagte Kuschnerus, nach den Auseinandersetzungen der vergangenen Monate seien jetzt „alle in der Bremischen Kirche in der Pflicht, ihre Tonalität zu mäßigen“. Das gelte nicht nur für Latzel, sondern auch für die Urheber einer Vielzahl von Hassbotschaften mit persönlichen Angriffen gegen den Kirchenausschuss, die die Grenze des Erträglichen oft weit überschritten.

Auch mit Kritikern von Latzel sei er im Gespräch und habe auch sie zur Mäßigung in der Wortwahl aufgerufen. So hatte der Pastor der evangelischen Friedenskirche in Bremen, Bernd Klingbeil-Jahr, im Juni 2020 in einem Beitrag über Latzel in der Sendung „buten un binnen“ des Senders Radio Bremen die rund 20.000 Abonnenten seines YouTube-Kanals kritisiert. Sie seien „Leute, die wollen eine andere Kirche und eine andere Gesellschaft“.

Es gebe seit Jahren „ein Mischfeld aus christlichen Fundamentalisten und Faschisten“. „Aus diesem braunen Mob“ heraus würden Aktionen geplant und durchgeführt. Kuschnerus sagte, für alle Aussagen von Vertretern der BEK müsse der Grundsatz gelten: „Man darf deutlich sprechen, aber die Glaubwürdigkeit der Verkündigung des Evangeliums darf nicht beschädigt werden.“

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