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Debatte um den Kurs von Tabor

16.04.2021

Der Direktor und Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Matthias Frey. Foto: Stiftung Studien- und Lebensgemeinschaft Tabor
Der Direktor und Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Matthias Frey. Foto: Stiftung Studien- und Lebensgemeinschaft Tabor

Marburg (IDEA) – Um den Kurs der Stiftung Studien- und Lebensgemeinschaft Tabor ist eine Debatte entstanden. In den Sozialen Medien und auch gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA hatten einige frühere Tabor-Mitglieder, die zum Teil anonym bleiben wollen, von einer „Austrittswelle“ gesprochen.

Der Direktor und Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Matthias Frey (Marburg), wies das gegenüber IDEA zurück. Tatsächlich wachse Tabor. Frey zufolge hatte die Lebensgemeinschaft Ende 2020 1.112 Mitglieder.

Immer wieder komme es vor, dass vereinzelt Personen die Studien- und Lebensgemeinschaft verlassen. Die Gründe seien vielfältig, etwa geänderte Lebensumstände sowie berufliche oder private Veränderungen.

Ebenso gebe es aber auch neue Interessenten an einer Tabor-Mitgliedschaft. Im vergangenen Jahr seien 34 Mitglieder neu dazugekommen. 15 Mitglieder seien gestorben, neun ausgetreten. Nach den Worten von Frey habe bisher die Austrittsquote bei Tabor in der Spitze bei etwa 1,5 Prozent (18 Personen) pro Jahr gelegen.

Willi Neureder: Austrittsschreiben mit „Schmerz und Trauer“ verfasst

Frühere Tabor-Mitglieder hatten ihren Austritt unter anderem damit begründet, dass die Gemeinschaft ihren „evangelikalen Kurs“ verlassen habe und dort die Bewegung „Worthaus“ immer mehr Einfluss gewinne, die theologisch liberale Positionen vertrete.

Zu den Ausgetretenen gehört der frühere Missionsinspektor der Hilfsaktion Märtyrerkirche (HMK), Pastor Willi Neureder (Marburg). Der 85-Jährige sagte IDEA, dass ihm der Schritt nicht leicht gefallen sei. 62 Jahre lang habe er der Bruderschaft angehört. Sein Austrittsschreiben habe er mit „Schmerz und Trauer in Seele und Herz“ verfasst.

Er sehe sich zu diesem Schritt gezwungen, weil Tabor seinen Kurs als „bibeltreue Ausbildungsstätte mit an die Heilige Schrift geketteten Lehrern“ verlassen habe. Früher habe die Bibel dort als „unantastbare Wahrheit“ und „als Gottes unverbrüchliches Wort“ gegolten.

Dass in der Lehre der Hochschule heute eine homosexuelle Partnerschaft ebenfalls weithin dem biblischen Leitbild der Ehe von Mann und Frau entspreche, decke sich nicht mit seiner biblischen Erkenntnis.

Neureder verglich den Tabor-Kurs mit dem Untergang der Titanic 1912: „Kapitän und Crew waren falsch am Platz, unwillig den falschen Kurs zu korrigieren. Sie wollten den Eisberg nicht wahrhaben.“ Nach den Worten von Neureder haben aus diesem Grund mit ihm zusammen fünf frühere Tabor-Absolventen und ihre Ehefrauen die Bruderschaft verlassen. Es handele sich bei allen um Ruheständler.

Tabor hat sich von seinem Geschäftsführer Reissner getrennt

Stiftungsdirektor Frey bestätigte ferner gegenüber IDEA, dass sich Tabor von seinem langjährigen Geschäftsführer Rainer Reissner getrennt hat. Noch 2017 war ihm wegen seines 25-jährigen Dienstjubiläums das Goldene Kronenkreuz der Diakonie verliehen worden. Nach den Worten von Frey habe es Ende 2020 eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung mit Reissner gegeben, die mit einem Vergleich beendet worden sei.

Frey: „Als Christen glauben wir an Vergebung und Versöhnung und sind daher froh, dass es uns in Abstimmung mit Ehepaar Reissner inzwischen gelungen ist, die Auseinandersetzung hinter uns zu lassen und versöhnlicher miteinander umzugehen.“ Zu Einzelheiten des Verfahrens und der Trennung wolle er sich nicht äußern. Auch Reissner wollte zu einer entsprechenden IDEA-Anfrage keine Stellung beziehen.

Die Studien- und Lebensgemeinschaft Tabor unterhält eine Evangelische Hochschule mit 248 Studenten (Stand 2020). Sie bietet neben dem Studium der Evangelischen Theologie auch Bachelor-Studiengänge von Praktischer Theologie in Verbindung mit Sozialer Arbeit, Kommunikation und Betriebswirtschaftslehre an. Zu Tabor gehören ferner ein Altenpflegeheim mit 51 Betten und ein evangelischer Kindergarten mit 40 Plätzen. Das Werk ist Mitglied der Diakonie Hessen.

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