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Gesellschaft

Corona: Historiker warnt vor langfristigem Schaden für die Demokratie

19.03.2020

Der Historiker René Schlott. Foto: Andy Küchenmeister
Der Historiker René Schlott. Foto: Andy Küchenmeister

Berlin (idea) – Die aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie könnten langfristig Schaden in der Gesellschaft anrichten. Diese Ansicht vertrat der Historiker René Schlott (Berlin) in einem Interview mit dem Westdeutschen Rundfunk (WDR) und in einem Beitrag für die „Süddeutsche Zeitung“. Schlott kritisierte die Aufforderung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), soziale Kontakte „weitestgehend einzustellen“. Menschen seien als soziale Wesen darauf angewiesen, Kontakt zueinander zu haben. Wenn man ihnen das verbiete, sei das so, als zwinge man einen Fisch, das Wasser zu verlassen. Die Politik habe bei ihren Entscheidungen nicht die Frage berücksichtigt, wie sich die getroffenen Maßnahmen langfristig auf die Gesellschaft und ihren Zusammenhalt auswirken könnten. Es sei fraglich, wie verlässlich die Daten seien, auf die Pandemie-Forscher derzeit ihre Vorhersagen stützten. Trotzdem gebe es einen „Überbietungswettbewerb an Brachiallösungen“. Eine bedenkliche Folge sei etwa, dass durch die getroffenen Maßnahmen kreative gesellschaftliche Kräfte wie Kunst, Kultur und Wissenschaft ausgehebelt würden.

„Gefährliche Sehnsucht nach autoritären Strukturen“

Der Historiker sagte außerdem, es sei „ein alarmierendes Zeichen“, wie bereitwillig in der Gesellschaft die Einschränkungen von fundamentalen Grundrechten wie der Bewegungs- und Versammlungsfreiheit hingenommen würden. Es sei nicht auszuschließen, dass dieselben Einschränkungen in Zukunft im Namen einer anderen vermeintlichen Notsituation wieder aktiviert werden könnten. Darüber hinaus kritisierte Schlott, in den Medien trete eine gefährliche Sehnsucht nach autoritären Strukturen zutage. Sie zeige sich etwa, wenn die Bild-Zeitung den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz bewundernd als „Knallhart-Kanzler“ bezeichne. Presse und Rundfunk seien in der aktuellen Situation aber gefordert, nicht nur Verlautbarungsorgan der Regierungen zu sein oder immer striktere Maßnahmen zu fordern, sondern die gesellschaftliche Diskussion darüber am Laufen zu halten. „Dieses Gemeinwesen braucht einen Verständigungsprozess darüber, ob es wirklich jeden Preis für die Eindämmung eines Virus zu zahlen bereit ist“, so Schlott.

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