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Kommentar

„Leihmutterschaft“ – ein Liebesdienst?

28.03.2022

Alexandra Maria Linder ist Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht. Foto: Privat
Alexandra Maria Linder ist Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht. Foto: Privat

Die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig hat sich von ihrem Domkantor Gerd-Peter Münden (56) getrennt. Er wollte mit seinem aus Kolumbien stammenden Ehemann in dessen Herkunftsland zwei Leihmütter beauftragen. Damit degradiere er Frauen und Kinder zu Waren, äußerte Dompredigerin Cornelia Götz. Zu dem Vorgang ein Kommentar von Alexandra Maria Linder

Mit klaren Worten und jenseits von Ideologien und Mitleidsargumentationen haben die Arbeitgeber des Braunschweiger Domkantors Gerd-Peter Münden eine erstaunlich solide ethische Position bezogen.

Nüchtern betrachtet geht es um folgendes: Personen, die aufgrund ihrer Beziehungsstruktur keine eigenen Kinder zeugen können, möchten dennoch unbedingt Kinder haben. Sie sind nach neuester Diktion „Wunscheltern“, die gemäß Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung ein „Recht auf ein Kind“ haben. Das Kind rückt als Person, die zweckfrei und unabhängig von Bedingungen Würde und Rechte hat, endgültig in den Hintergrund und wird zum „gewünschten Kind“.

Aufgrund neuer technischer Möglichkeiten sind bei Zeugung und Austragen eines Kindes bis zu sieben Personen involviert: Eizellgeberin, Samengeber (inzwischen gibt es auch „Drei-Eltern-Embryos“), die gemietete Austrägerin und rechtlich betrachtet in vielen Staaten deren Mann, der normalerweise als Vater dieses Kindes anerkannt würde (wie aktuell in Deutschland), sowie zwei Personen in jedweder Konstellation (demnächst vielleicht auch mehr, siehe Vielehe).

Austrägerin begibt sich in gesundheitliche Gefahren

Das Kind erlebt sein erstes Trauma nach der Geburt, wenn es derjenigen Frau entrissen wird, deren Herzschlag und Geruch es kennt, zu der es seine erste intensive Beziehung hat. Vom Kindeswohl her betrachtet hat jedes Kind des Weiteren das Recht, in die für ein Kind bestmögliche Familienkonstellation hineingeboren zu werden, die es nach wie vor gibt: die genetisch eigene Mutter, der genetisch eigene Vater, die in einer stabilen Beziehung miteinander leben. Es ist ein Unterschied, ob sich familiäre Konstellationen im Laufe des Lebens ändern oder ob man dem Kind von vornherein andere, willkürliche Konstellationen mit bisher noch selten untersuchten Folgen zumutet.

Die Austrägerin begibt sich in große gesundheitliche Gefahren, wenn sie ein Kind austrägt, das genetisch nicht mit ihr verwandt ist, zum Beispiel Bluthochdruck. Sie muss die gesamte Schwangerschaft über engmaschig medizinisch kontrolliert werden. Wenn das Kind nicht so ist, wie geplant, muss sie sich häufig auch zur Abtreibung verpflichten. Die Frühgeburtsraten bei Mehrlingen liegen außerdem bei knapp 90 Prozent.

Welche Argumentation nicht stimmig ist

Die Mitleidsargumentation geht dahin, dass man einem Paar/einer Person doch nicht verweigern dürfe, was man anderen gestatte und in anderen Ländern möglich sei. Mit demselben Argument kann man Abtreibung bis zur Geburt und Euthanasie legalisieren oder die Präimplantationsdiagnostik bei der künstlichen Befruchtung serienmäßig auf alle Kinder anwenden. All dies ist in anderen Staaten erlaubt.

Weitere Gedanken könnte man sich über das für das erste Kind recht fortgeschrittene Alter des einen Samenzellgebers machen, über die wissenschaftlich erwiesene Tatsache, dass genetisch fremde Kinder vor allem in der Pubertät große Schwierigkeiten mit ihrer persönlichen Identitätsfindung haben, und darüber, dass man, hat man sich für ein Lebensmodell entschieden, vielleicht auch einfach die entsprechenden Folgen tragen sollte. Heterosexuelle Paare nehmen sich keine Zweitpartner, katholische Priester leben zölibatär, gleichgeschlechtliche Paare können keine Kinder zeugen.

Es muss klare Grenzen geben

Um der Kinderrechte willen und um der Würde der in vielen Ländern durch „Baby farming“ ausgebeuteten Frauen willen, auf die der Begriff der „Gebärmaschine“ noch nie so treffend gepasst hat, muss es klare Grenzen geben. Ein Kind ist nichts, was man sich aus Eizell-, Samen- und Leihmutter-Katalogen aussuchen kann.

Eine Frau ist kein Körper, den man für fremde Zwecke missbrauchen oder kommerzialisieren darf. Mit Mitleidsargumenten und nicht gleichstellbaren Gleichstellungsforderungen wurde schon so manche ethische Grenze auf Kosten der Menschenwürde überschritten.

Die Autorin, Alexandra Maria Linder (Willich), ist Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht (BVL).

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