Politik
Diskussion beim KCF: Was gilt nach der Bundestagswahl?
08.03.2025

Politiker sollten sich von ihren Überzeugungen und nicht von Stimmungen in der Bevölkerung leiten lassen. Diese Ansicht vertrat der Chef des Meinungsforschungsinstituts INSA, Hermann Binkert (Erfurt), beim 14. Kongress Christlicher Führungskräfte (KCF). Er findet unter dem Motto „Mutig führen. Zukunft gestalten.“ mit rund 2.800 Teilnehmern in Karlsruhe statt und endet am 8. März. Veranstalter ist die Evangelische Nachrichtenagentur IDEA.
Binkert sagte weiter, dass es nicht hilfreich für das Ansehen der Demokratie sei, wenn vor der Wahl etwas versprochen werde, das danach sofort wieder aufgegeben werde. Er nahm damit Bezug auf die aktuellen Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU und SPD. Darin wird auch eine hohe Neuverschuldung in Betracht gezogen. Das hatte CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz im Wahlkampf noch ausgeschlossen.
Ein solches Verhalten erhöht laut Binkert die Politikverdrossenheit. Man könne die Politiker auch nicht damit entlasten, dass die Wähler oft selbst nicht wüssten, was sie wollten. Erstere sollten sich an ihrem Programm orientieren und Entscheidungen auch dann umsetzen, wenn sie unpopulär seien. Schließlich hätten die Wähler nach vier Jahren die Möglichkeit, neu abzustimmen. Diese Form von Führung erwarteten die Menschen.

Vieweger: Parteien müssen immer Kompromisse eingehen
Der Korrespondent des Bayerischen Rundfunks (BR) im ARD-Hauptstadtstudio, Hans-Joachim Vieweger (München/Berlin), warb hingegen für Verständnis, wenn die Parteien nach der Wahl nicht alle ihre Ziele umsetzen könnten. „Alle Parteien versprechen vor der Wahl, was sie tun würden, wenn sie allein regieren würden.“ Da sie das in der Regel jedoch nicht könnten, müssten sie Kompromisse schließen. Vieweger bekundete zudem seine Ablehnung von Koalitionen mit der AfD. Christen könnten in deren Programm zwar Ziele finden, mit denen sie übereinstimmten. Sie sollten aber vorsichtig sein. Es komme nicht nur darauf an, was in den Parteiprogrammen stehe, sondern auch darauf, wie sich maßgebliche Akteure einer Partei verhielten. Er habe starke Zweifel, ob „manche Gestalten“ der AfD dafür geeignet seien, in eine Regierung einzutreten. Gleichwohl warne er davor, sie in der Form auszuschließen, wie es derzeit geschehe.

Schuler: Bruch von Wahlversprechen ist „nah am Betrug“
Der Journalist Ralf Schuler (Berlin) kritisierte ebenfalls die allzu schnelle Aufgabe von Wahlversprechen. In der Politik seien immer Kompromisse nötig, aber der Wähler müsse sich darauf verlassen können, dass die Parteien zumindest einen Teil ihrer Versprechen einlösten. Sonst gleiche der Wähler einem Kunden, der einen Laden betrete und erkläre: „Packen Sie mir etwas Schönes ein“. Es sei „schon nah am Betrug“, wenn man unmittelbar nach der Wahl etwas beschließe, was man zuvor abgelehnt habe. Mit Blick auf die AfD warnte Schuler vor einer dauerhaften Ausgrenzung der Partei. „Der Fremdkörper im demokratischen System ist die Brandmauer.“ Er kenne tatsächlich Politiker, die so lange auf den Fahrstuhl warteten, bis sie sicher seien, nicht mit AfD-Politikern fahren zu müssen. Das halte er schon als Christ für falsch.

IDEA-Vorsitzender: Auf dem KCF kommen verschiedene Meinungen zu Wort
Der IDEA-Vorsitzende Helmut Matthies (Brandenburg an der Havel) erklärte, dass die Diskussion gezeigt habe, dass beim KCF „im Gegensatz zum Kirchentag“ auch völlig verschiedene politische Positionen geäußert werden könnten. Generell sollte für Christen gelten, dass sie mit allen Menschen Kaffee trinken könnten, in der Hoffnung, dass sie dadurch auch vom christlichen Glauben erführen. Der KCF, der seit 1999 alle zwei Jahre stattfindet, soll Führungskräfte aus Wirtschaft, Kirche und Gesellschaft ermutigen, in der Arbeitswelt nach christlichen Werten zu leben. Er hat sich in den vergangenen Jahren zum größten Wertekongress im deutschsprachigen Europa entwickelt.
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