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Thüringer Pfarrverein kritisiert Umgang der Kirche mit der Corona-Krise

14.04.2020

Kirchenleitungen hätten staatlichen Verboten – etwa bei Gottesdiensten – teilweise sogar vorauseilend zugestimmt, so ein Vorwurf. Die Kirchenbänke blieben demnach leer. Foto: pixabay.com
Kirchenleitungen hätten staatlichen Verboten – etwa bei Gottesdiensten – teilweise sogar vorauseilend zugestimmt, so ein Vorwurf. Die Kirchenbänke blieben demnach leer. Foto: pixabay.com

Quedlinburg (idea) – An dem Umgang von Kirchenleitungen mit der Corona-Krise gibt es zunehmend Kritik. Nun haben der Vorsitzende und die Syndikusrechtsanwältin des Thüringer Pfarrvereins, Pfarrer Martin Michaelis und Caroline Kienitz (beide Quedlinburg), eine Stellungnahme unter dem Titel „Seid nüchtern und wachet!“ auf der Internetseite des Pfarrvereins veröffentlicht. Kirchenleitungen hätten staatlichen Verboten – etwa bei Gottesdiensten – teilweise sogar vorauseilend und zudem ohne Beteiligung der Gemeinden, Synoden oder Pfarrerschaft zugestimmt. „Einsamen, Alten, Kranken, Sterbenden an der Schwelle zum ewigen Leben, ob mit oder ohne Corona-Infektion, sollen geistlicher Zuspruch, die Sakramente und der Kontakt zu ihren Liebsten vorenthalten werden; von Kirchenleitenden wird das als ein Erfordernis der Nächstenliebe bezeichnet“, heißt es in dem Schreiben. „Das rüttelt an den Grundfesten des Glaubens und der Kirche.“ So drohten Gemeinden momentan lediglich „als Konsumenten geistlicher Versorgung“ gesehen zu werden, auf die unter Umständen ohne weiteres verzichtet werden könne. Das wiederum sei nicht mit dem Kirchenverständnis der Confessio Augustana von 1530 vereinbar.

Wirken Kirchen selbst an der Behinderung der Dienstausübung mit?

Vor dem Hintergrund müssten die kritischen Überlegungen erlaubt sein, „ob Kirchenleitungen gegenwärtig selbst an der Behinderung der Ausübung des Dienstes mitwirken“. Wenn man bedenke, dass die Zuversicht des Glaubens der inneren Ruhe diene, sei kirchliches Leben eben doch „systemrelevant“: „Es ist zu diskutieren, ob mit dem Gottesdienstverbot, ausgesprochen auch durch Kirchenleitungen, kirchliches Leben praktisch als irrelevant interpretiert werden darf, auch ganz unabhängig von den gegenwärtigen Herausforderungen.“

Ist Gesundheit wirklich „das Wichtigste“?

Häufig sei nun der Satz zu hören, dass Gesundheit „das Wichtigste“ sei. Die beiden Autoren fragen: „Dürfen oder müssen wir als Christen dem nicht mindestens relativierend widersprechen? Unseren Vorfahren war die Bewahrung der Seele ein weit höheres Gut. Ihnen war bewusst, dass sie den Leib nicht werden retten können.“

Das theologisch-geistliche Nachdenken befördern, das den Tod nicht fürchtet

Auch zur rechtlichen Sicht beziehen die Verfasser Stellung. Demnach dürften durch die nun erlassenen Rechtsverordnungen zwar Grundrechte wie das Recht auf Freiheit der Person, aber nicht die Religionsfreiheit beschränkt werden. Letzteres gelte ebenso für die Kirche in der Ausübung ihres Dienstes. Innerhalb der Institution Kirche müssten darum Rahmenbedingungen geschaffen werden, bei denen der Einzelne das Recht auf Religionsausübung wahrnehmen könne, ohne gegen zulässige Einschränkungen zu verstoßen. Dies mit Inhalt zu füllen sei nun Aufgabe der Kirchenleitung und Gemeinden. Sie hätten „sorgende Stütze zu sein, geistliche Hilfen zu geben, ohne zu bevormunden, und gegenwärtig insbesondere ein theologisch-geistliches Nachdenken gesellschaftlich zu befördern, das den Tod nicht fürchtet.“ Michaelis ist zugleich Vorsitzender der Pfarrvertretung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland sowie der Pfarrergesamtvertretung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD). Zum Thüringer Pfarrverein gehören aktuell 635 Mitglieder.

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