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Streit über Homo-Partnerschaften: So äußern sich Kirchen und Verbände

03.08.2020

Können gleichgeschlechtliche Partnerschaften kirchlich gesegnet und der Ehe gleichgestellt werden? Darüber diskutieren Vertreter evangelikaler Gemeinden und Werke. Foto: pixabay.com
Können gleichgeschlechtliche Partnerschaften kirchlich gesegnet und der Ehe gleichgestellt werden? Darüber diskutieren Vertreter evangelikaler Gemeinden und Werke. Foto: pixabay.com

Wetzlar (idea) – Über die Frage, ob gleichgeschlechtliche Partnerschaften kirchlich gesegnet und der Ehe gleichgestellt werden können, ist unter Evangelikalen erneut eine Debatte entbrannt. Hintergrund ist eine Veröffentlichung des Ärztlichen Direktors der christlichen Klinik Hohe Mark, Martin Grabe (Oberursel). Er hatte in seinem Buch „Homosexualität und christlicher Glaube: ein Beziehungsdrama“ (Francke-Verlag) einen Vorschlag für eine Einigung gemacht: „Homosexuelle Christen dürfen ebenso wie heterosexuelle Christen eine verbindliche, treue Ehe unter dem Segen Gottes und der Gemeinde eingehen und sind in der Gemeinde in jeder Hinsicht willkommen.“ Die Klinik Hohe Mark gehört zu der vom Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverband (DGD) gegründeten evangelikalen DGD-Stiftung. Auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea haben jetzt DGD und DGD-Stiftung, der Vorsitzende der Evangelischen Allianz in Deutschland, Ekkehart Vetter (Mülheim an der Ruhr), und der Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) den Vorschlag abgelehnt. Zurückhaltend äußerte sich der Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) in Deutschland, Harald Rückert (Frankfurt am Main). Uneingeschränkte Zustimmung kam auf Facebook von dem scheidenden Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverband (Vereinigung Landeskirchlicher Gemeinschaften), Michael Diener (Kassel).

DGD und DGD Stiftung: Wir stehen zur Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau

Der Vorsitzende des Kuratoriums der DGD-Stiftung, Willi Feldkamp, der Fachliche Vorstand der DGD-Stiftung, Claudia Fremder, und der Vorstandsvorsitzende des DGD, Rainer Reissner, erklärten auf idea-Anfrage, die von Grabe angestoßene Diskussion thematisiere eine wichtige theologische Frage. Sie nähmen seine Sicht „ernst auf der Grundlage seiner therapeutischen Erfahrungen“. Gleichzeitig betonen sie, dass es sich bei Grabes Aussage nicht um eine offizielle Stellungnahme der DGD-Stiftung oder des DGD handele. Beide hielten am biblischen Menschenbild fest: „Wir wissen uns der Glaubensbasis der Deutschen Evangelischen Allianz verpflichtet und stehen zur Ehe als ganzheitlicher, lebenslanger, exklusiver, öffentlich bekannt gemachter und für Kinder offenen Gemeinschaft von einem Mann und einer Frau.“

Wozu das Buch von Grabe einen Beitrag leisten kann

Dem DGD und der DGD-Stiftung sei es gleichzeitig ein Anliegen, „dass homosexuell empfindende Menschen in unseren Gemeinden ihren Platz finden, Geborgenheit und Annahme erfahren.“ In den DGD-Gesundheitseinrichtungen würden Menschen grundsätzlich gleichbehandelt. Wichtig sei es, miteinander zu reden und nicht übereinander: „Dazu kann Dr. Grabes Buch einen Beitrag leisten.“ Die DGD-Stiftung ist die Trägerorganisation der sieben DGD-Kliniken – eine davon ist die Hohe Mark. Zum DGD-Netzwerk gehören darüber hinaus zwölf Diakonissen-Mutterhäuser im In- und Ausland, ein Hospiz, sieben Gemeinschaftsverbände, die Evangelische Hochschule Tabor, die Stiftungen Marburger Medien, Marburger Mission und Hensoltshöhe, neun Ausbildungsstätten, zehn Gästehäuser sowie einige Senioreneinrichtungen. Der DGD ist Mitglied im Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverband.

Vorstand des BFP: Wir lehnen den Einigungsvorschlag ab

Der Vorstand des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) teilte mit, dass alle Menschen in den Gemeinden des Bundes willkommen seien. Grabe weise zurecht darauf hin, dass dieses Willkommensein homosexuell empfindenden Menschen in der Vergangenheit in den Kirchen wenig oder gar nicht entgegengebracht wurde. „Hier haben die Kirchen versagt.“ Daraus könne man jedoch nicht den Schluss ziehen, dass alle sexuellen Orientierungen gleichermaßen die Lebensordnungen Gottes abbildeten. Das lege Grabe nahe, wenn er auf die Frage, ob es dem Willen Gottes entspreche, dass „jeder Mensch so ist, wie er ist“, auch im Bezug auf die sexuelle Orientierung mit einem klaren „Ja“ antworte. Dem könne der Vorstand des BFP nicht zustimmen.

EmK-Bischof Rückert: „Ich für meinen Teil stelle mich an die Seite von Herrn Grabe“

Bischof Rückert weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die Evangelisch-methodistische Kirche sowohl weltweit aus auch in Deutschland genau über diese Frage diskutiere. Es gebe verschiedene Sichtweisen. In Deutschland laufe derzeit ein Austauschprozess („Runder Tisch“). Ziel sei es, trotz unterschiedlicher Auffassungen als Kirche zusammenzubleiben. Dass Grabe als Christ und Therapeut „uns Gemeinden eine offenere Haltung ins Stammbuch schreibt“, verstehe er als geistliche Mahnung. „Ich für meinen Teil stelle mich an die Seite von Herrn Grabe mit seinen sehr lesenswerten, bedenkenswerten und einfühlsam vorgetragenen Gedanken.“ Er wünsche sich, dass es der EmK in Deutschland gelingen möge, auf dem von Grabe beschriebenen Weg ein gutes Stück weiterzukommen: „Es wird uns viel abverlangen. Aber die Gemeinschaft, in die uns Christus gestellt hat, die Gemeinschaft von konservativen Geschwistern mit homosexuell empfindenden Geschwistern und mit Geschwistern und Gemeinden, die eine Öffnung anstreben, ist es Wert, darum zu ringen.“

Allianzvorsitzender: Eine Gleichstellung ist nicht möglich

Zuvor hatte bereits der Allianzvorsitzende Vetter in einer idea-Stellungnahme geschrieben, dass letztlich die Heilige Schrift der entscheidende Maßstab sei. Homosexuelle Partnerschaften könnten der Ehe nicht gleichgestellt werden. Vetter mahnte gleichzeitig einen sachlichen Austausch an: „Wir brauchen die konstruktive, kontroverse Diskussion.“

Zustimmung vom scheidenden Gnadauer Präses Diener

Zustimmung für die Position von Grabe kam von dem Gnadauer Präses Diener. Er schrieb auf Facebook, Grabe habe „als Person und in der Darlegung seiner Grundthesen meine volle Unterstützung. Und es werden immer mehr werden, die theologisch, psychologisch, existentiell aufbegehren und aus der pietistisch-evangelikalen Welt Stellung beziehen werden FÜR eine offene Position, nicht GEGEN, sondern im Gehorsam gegen das Evangelium und das lebendige Wort Gottes“. Der Theologieprofessor an der Theologischen Hochschule Tabor, Thorsten Dietz (Marburg), äußerte ebenfalls auf Facebook: „Sehr hilfreiche Würdigung von Michael Diener.“

Grabe: Viele homosexuelle Christen haben einen langen Leidensweg hinter sich

Grabe selbst schrieb in einem <link https: www.idea.de glaube detail grabe-theologische-streitgespraeche-allein-helfen-nicht-weiter-113720.html external-link-new-window external link in new>idea-Kommentar, dass sein Engagement für dieses Thema mit den vielen homosexuellen Christen zu tun habe, die er in der Klinik Hohe Mark kennengelernt habe. Sie hätten oft einen langen Leidensweg hinter sich. Er bekannte, dass Theologie nicht seine Kernkompetenz sei. „So möchte ich gar nicht versuchen, auf dieser Ebene über dasjenige hinaus zu argumentieren, was schon in meinem Buch steht.“ Stellungnahmen des Bundes Freier evangelischer Gemeinden (FeG) und des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (Baptisten- und Brüdergemeinden) lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor.

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