Kommentar
Weihnachten ist keine Illusion
24.12.2020
Ein Virus, tausendmal kleiner als ein Sandkorn, verändert von Grund auf unser Leben. Das Ausmaß für unsere Wirtschaft und unser Sozialverhalten ist noch nicht absehbar. Wissenschaft und Politik ringen um die richtige Vorgehensweise im Kampf gegen das Coronavirus. Das Schweigen der Kirchen mutet seltsam an. Ein sonderbar mulmiges Empfinden über diese Weltgeschehnisse trübt unsere Stimmung. Werden wir die Zukunft gewinnen oder verlieren?
Gott aus der Gleichung genommen
Die Frage nach dem, was in unserer Zeit noch zählt und unerschütterlich ist, und damit auch die Frage nach Gott, tritt wieder in den Vordergrund. Der Philosoph Ludwig Feuerbach (1804 –1872) sagte, Gott sei eine Illusion und spiele für die Gestaltung der Welt und unsere Verantwortung der Natur gegenüber keine Rolle. Karl Marx (1818–1883) ging noch einen Schritt weiter. An Gott zu glauben, sei nicht nur Illusion, sondern raube dem Menschen seine wahre Identität. Der Glaube an Gott habe die Menschheit in Ketten gelegt. An die Stelle von Gott müsse der Staat treten. Sigmund Freud (1856 –1939) greift als Psychologe Feuerbachs Gedanken auf und sieht den Glauben an Gott als etwas für Primitive. In Anbetracht von Covid-19 ist die Frage nicht unerheblich: Ist Gott eine primitive Illusion oder der Erhalter des Systems? Was wäre, wenn Gottes Abwesenheit eine Illusion ist?
Gott verbindet sich mit uns
Weihnachten ist keine Illusion! An Weihnachten betritt der Schöpfer selbst die Weltgeschichte in Raum und Zeit. Im Alten Testament schreibt der Prophet Jesaja etwa 600 Jahre vor der Geburt Jesu: „Siehe, eine Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären und wird ihn Immanuel nennen.“ ( Jesaja 7,14) Immanuel bedeutet wörtlich: „Gott ist mit uns.“ Das ist eine zentrale Nachricht für unsere Zeit. Weihnachten stellt klar: Gott hat uns nicht vergessen. Ohne dieses „Gott mit uns“ ist die Weltgeschichte ein Irrgarten. Sie können ein Buch darüber lesen, wie Erdbeeren schmecken, und haben den Geschmack doch nie erfahren. Nehmen wir als Christen gerade in der Weihnachtszeit unsere Mitmenschen auf die faszinierendste aller Explorationen (Entdeckungen) mit: Gott als Vater zu entdecken!
Das Vaterunser kann eine große Hilfe sein
Sprechen wir Menschen, die Gott noch nicht kennen, in diesen Tagen zu: „Bitten Sie Gott, Ihnen in den nächsten 14 Tagen zu zeigen, ob es ihn gibt. Nehmen Sie sich jeden Tag ein paar Minuten, um mit Gott zu reden – als ob es ihn gäbe. Das Vaterunser kann hier eine große Hilfe sein. Erfahren Sie selbst, was dies mit Ihrem Herzen macht. Jesus Christus spricht davon, Gott als Vater zu erkennen. Mehr kann es nicht geben. Mit weniger sollten Sie sich nicht zufriedengeben. Dies kann für Sie der Beginn von etwas ganz Großem sein.“
Geben wir als Christen die bedeutsamste Erkenntnis in der Corona-Weihnachtszeit an unsere Mitmenschen weiter: Gottes Abwesenheit ist eine Illusion!
Gesegnete Weihnachten wünscht
Stefan Vatter
(Der Autor, Pastor Stefan Vatter, ist Vorsitzender der Geistlichen Gemeinde Erneuerung, einer Bewegung im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) in Deutschland. In seinem neuesten Buch „Exploration Gott – Was unsere Gesellschaft jetzt braucht“ (Herder) führt er Argumente aus Naturwissenschaft, Politik, Philosophie und Kunst an, die dabei helfen sollen, überzeugter und sprachfähiger über den christlichen Glauben zu reden. Der Beitrag ist zuerst im ideaSpezial „Advent & Weihnachten“ erschienen.)
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