Frei-/Kirchen
Wegen Corona: Morddrohungen gegen Christen im Elsass
23.04.2020
Mulhouse (idea) – Die Mitglieder einer pfingstkirchlichen Gemeinde im elsässischen Mulhouse erhalten wegen aufgetretener Corona-Infektionen in ihren Reihen Morddrohungen. Das bestätigte ihr Pastor Samuel Peterschmitt (55) auf Nachfrage gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Die Gemeinde „Porte Ouverte Chrétienne“ (Christliche offene Tür) hatte vom 17. bis 21. Februar Tage des Fastens und Betens veranstaltet, an denen rund 2.300 Personen teilnahmen. Als am 28. Februar die erste Familie aus der Gemeinde positiv auf das Coronavirus getestet wurde, warfen Medien und Frankreichs Gesundheitsminister Olivier Véran der Gemeinde vor, dass sich von dort aus die Epidemie auf das gesamte französische Staatsgebiet ausgebreitet habe. Wie Peterschmitt gegenüber idea sagte, hatte die Gemeinde zur Zeit der Veranstaltung noch keine Hinweis erhalten, dass das Virus in ihrer Region bereits im Umlauf sei. Es habe auch keine Warnung von den Behörden gegeben. Zudem habe keiner der Teilnehmer Symptome der Krankheit gezeigt. „Als wir später jedoch von den Erkrankungen erfuhren, haben wir von uns aus sofort die Behörden informiert und die Kirche vorsorglich am 3. März geschlossen.“ Erst einige Tage danach habe es staatliche Anweisungen gegeben, so Peterschmitt. „Hätten wir von der bereits bestehenden Gefahr in unserer Region gewusst, hätten wir die Veranstaltung selbstverständlich abgesagt.“
„Es tut uns leid, dass wir Teil dieser Krise geworden sind“
Peterschmitt räumte ein, mit der Großveranstaltung durchaus mitverantwortlich für den Ausbruch der Corona-Pandemie in Frankreich zu sein. Er verweist aber zugleich auf weitere Massenveranstaltungen im Zeitraum des Gebetstreffens. „Warum soll das Virus nicht auch dort weitergegeben worden sein?“. So habe beispielsweise Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Mulhouse am 18. Februar besucht und nur rund 300 Meter von der Kirche entfernt Kontakt zu den dort versammelten Bewohnern gehabt. In den Blick sei die freikirchliche Gemeinde deshalb geraten, weil sie den Ausbruch des Virus in ihren Reihen frühzeitig bei den Gesundheitsbehörden gemeldet habe, so Peterschmitt. Daraufhin hätten sich die Medien auf sie „gestürzt“ und bei den französischen Bürgern Wut auf die Freikirche geschürt. Für die Anfeindungen sieht der pfingstkirchliche Pastor unterschiedliche Gründe: Zum einen würden Freikirchen in Frankreich immer noch mit Argwohn betrachtet und oft als Sekten angesehen, zum anderen habe die Bevölkerung in dieser Krisensituation einen Sündenbock und ein Ventil für ihre Ängste gebraucht. „Es tut uns sehr leid, dass wir Teil dieser Krise geworden sind.“ Es sei bis heute unklar, wie viele Menschen sich bei dem Gebetstreffen angesteckt haben.
Drohungen, die Kirche anzuzünden
Laut Peterschmitt sind die vergangenen Wochen herausfordernd für die mehr als 2.500 Mitglieder der Gemeinde gewesen. Wiederholt würden sie auf der Straße verbal bedroht. In den Sozialen Medien und per SMS erhielten sie Nachrichten, in denen stehe, dass man sie mit „Kalaschnikows erschießen“ oder die Kirche anzünden müsste. „Die Behörden haben uns Gemeindemitarbeitern geraten, in der aufgeheizten Atmosphäre die Gemeinderäume vorerst nicht mehr aufzusuchen.“ Außerdem hätten sie versprochen, dass die Polizei häufiger an der Kirche Streife fahren werde.
29 Gemeindemitglieder sind gestorben
Laut Peterschmitt mussten rund 70 Gemeindemitglieder ins Krankenhaus. 29 seien gestorben. Die Gemeinde kämpfe mit diesem Verlust und trauere. Gleichzeitig beobachtet der Pastor jedoch auch ein Zusammenwachsen in der Krise und eine stärkere Hilfsbereitschaft füreinander. Man bete viel und besinne sich auf das Wort Gottes. Peterschmitt hofft, dass sich die Rolle seiner Gemeinde in der Corona-Krise später noch aufklärt. Derzeit finden ihm zufolge – wie in allen anderen Kirchen Frankreichs auch – keine öffentlichen Gottesdienste im Gebäude statt. Wenn irgendwann Lockerungen unter bestimmten Auflagen erfolgten, werde die Kirche sie befolgen, betonte der 55-Jährige.
Der Pastor war selbst schwer erkrankt
Auch Peterschmitt infizierte sich mit dem Coronavirus und musste wegen eines schweren Krankheitsverlaufes im Krankenhaus mit Sauerstoff versorgt werden. Er hat nach eigenen Angaben am 24. Februar erste Symptome bemerkt, aber erst eine normale Grippe vermutet. Nachdem er zunehmend schwächer geworden sei, habe er sich am 6. März ins Krankenhaus begeben. „Es ging mir so schlecht, dass ich mich innerlich auf den Tod vorbereitete.“ Fünf Tage lang habe die Behandlung nicht angeschlagen, so dass der Arzt eine andere probieren wollte. In dieser Nacht habe er Gott um Hilfe gebeten. Am nächsten Morgen sei das Fieber verschwunden, so Peterschmitt. Zwei Tage später sei er entlassen worden. Es sei Gottes Gnade zu verdanken, dass er noch lebe.
Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
IDEA liefert Ihnen aktuelle Informationen und Meinungen aus der christlichen Welt. Mit einer Spende unterstützen Sie unsere Redakteure und unabhängigen Journalismus. Vielen Dank.