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Glaube

Theologe: Paulus wird oft missverstanden

23.12.2020

Der Theologe Joel White. Foto: FTH Gießen
Der Theologe Joel White. Foto: FTH Gießen

Gießen (idea) – Der Apostel Paulus wird von vielen modernen Auslegern falsch verstanden. Diese Überzeugung äußerte der Theologe Joel White bei seiner Antrittsvorlesung als Professor für Neues Testament an der Freien Theologischen Hochschule Gießen (FTH).

In seinem Vortrag mit dem Titel „Der missverstandene Paulus“ sagte White, der Apostel sei zum Beispiel alles andere als frauenfeindlich gewesen. Er habe im Gegenteil wie kaum ein anderer Vordenker der Antike die Rechte der Frauen gestärkt.

„Seine Ansichten waren anstößig und revolutionär. Sie standen im Kontrast zur antiken Denkweise“, so White. Als Missionar habe Paulus immer wieder eng mit Frauen zusammengearbeitet und ihnen wichtige Aufgaben in den Gemeinden übertragen.

Darüber hinaus habe er die Stellung von Frauen in der Ehe aufgewertet. In seinem Umfeld seien sie oft auf einer Stufe mit Sklaven einsortiert worden. Dem habe sich Paulus widersetzt und dafür auch Anfeindungen ertragen müssen.

White warnte davor, antike Texte „mit der Brille der modernen Zeit zu interpretieren“. Umgekehrt dürfe man Paulus deshalb auch keine Gleichmacherei unterschieben. Er habe Männern und Frauen unterschiedliche Rollen in Ehe und Gemeinde zugewiesen, die aber nie zu einer Unterdrückung der Frau führen sollten.

Paulus war der „singende Apostel“

Weiter sagte White, bei der Auslegung der Paulus-Texte müsse man ihn als den „singenden Apostel“ berücksichtigen, der selbst Lieder gedichtet und zitiert habe. Seine Leidenschaft habe nicht nur der Theologie, sondern der Veränderung der Menschen gegolten. Bis heute würden bei Menschen weniger die Predigten im Gedächtnis haften bleiben, sondern Lieder. Die gemeinsame Anbetung des Messias durch Lieder in der Gemeinde sei der Höhepunkt der Verehrung Gottes, die auch in schweren Zeiten durchtragen könne. Nicht umsonst habe Paulus selbst im Gefängnis Loblieder gesungen und in seinen Briefen häufiger seine Theologie in Hymnen verpackt.

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