Ressorts
icon-logo

Frei-/Kirchen

Südhessen: Pfarrer suchen Gespräch mit Corona-Demonstranten

15.02.2021

Bei den jüngsten Demonstrationen mischten sich auch Kirchenvertreter unter die Menge. Symbolbild: pixabay.com
Bei den jüngsten Demonstrationen mischten sich auch Kirchenvertreter unter die Menge. Symbolbild: pixabay.com

Rimbach (IDEA) – Evangelische Pfarrer im südhessischen Rimbach und Umgebung suchen das Gespräch mit Bürgern, die aus Protest gegen die staatlichen Anti-Corona-Maßnahmen auf die Straße gehen. Immer montags demonstrieren in der knapp 9.000 Einwohner zählenden Odenwald-Gemeinde etwa 100 Personen, die die Beschränkungen für überzogen halten.

Zu den Organisatoren – sie nennen sich „Team Freiheit“ – gehört die Unternehmerin und zweifache Mutter Inga Keller, die in dritter Generation eine Textilreinigung betreibt. Wie sie auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA sagte, handelt es sich bei den Demonstranten um „ganz normale Leute“.

Darunter seien Arbeit- und Unternehmer, Eltern und Großeltern, die die Sorge hätten, dass die Anti-Corona-Maßnahmen wirtschaftlich und sozial großen Schaden anrichten. Sie fordern unter anderem „Selbstbestimmung mit angemessenen Maßnahmen“, Schutz von gefährdeten Personen und die Öffnung des Einzelhandels mit entsprechenden Hygienekonzepten.

Pfarrer widersprechen der Rede von der „Corona-Diktatur“

Bei den jüngsten Demonstrationen mischten sich auch Kirchenvertreter unter die Menge, darunter der evangelische Pfarrer und Liedermacher Clemens Bittlinger (Mörlenbach). Sie luden mit Plakaten und Handzetteln zum Gespräch ein. Bittlinger spricht von einer „Charme-Offensive“.

In den Einladungen erklären die Kirchenvertreter: „Wir befürworten die Pandemiemaßnahmen unserer Bundesregierung. Wir vertrauen den Erkenntnissen der modernen Wissenschaft (sie sind eine Gabe Gottes) und dem investigativen Journalismus der öffentlich-rechtlichen Medien. Wer von ‚Corona-Diktatur‘ spricht, verhöhnt all jene, die tatsächlich in einer Diktatur leben müssen.“

Zugleich heißt es: „Manche politischen Entscheidungen finden auch wir fragwürdig. Wir dürfen diese Fragen stellen, und wir tun es auch.“ Bittlinger sagte gegenüber IDEA zu der Aktion: „Wir wollen zuhören und verstehen, was die Menschen bewegt. Wir wollen Friedensstifter sein.“ Zugleich habe man „klare Kante gegen rechts und Verschwörungsmythen“ gezeigt.

Stimmung „sehr aufgeheizt“

Der Pfarrer bezeichnete die Stimmung auf den Demonstrationen als „sehr aufgeheizt“. Bei den dortigen Gesprächen „trafen wir praktisch nur auf Maskenverweigerer, ImpfgegnerInnen und Verschwörungsgläubige“. In Einzelbegegnungen seien Pfarrer als „Volksverräter“ beschimpft worden. Dennoch wolle man auch bei der Demonstration am 15. Februar wieder zum Dialog einladen.

Im Hintergrund gebe es auch Gespräche mit den Organisatoren. Bittlinger kündigte an, dass die Kirchengemeinde in Mörlenbach einen „Friedenspavillon“ aufstellen wird. Dort werde es die Möglichkeit geben, persönliche Nöte angesichts der Pandemie sowie Bitten und Fürbitten zu formulieren.

Keller: Manche fühlten sich durch Auftritt der Pfarrer irritiert

Demo-Organisatorin Keller sagte zum Auftreten der Geistlichen bei den Demonstrationen, manche Teilnehmer seien „irritiert“ gewesen, dass „die Pfarrer – ohne Vorgespräch – einen großen Raum innerhalb der Veranstaltung in Anspruch genommen haben“.

Außerdem hätten manche Demonstranten zuvor bereits „persönliche Enttäuschungen“ mit der Kirche erlebt. Zur Frage der Systemrelevanz in der Corona-Pandemie äußerte Keller: „Jeder ist mit seinem Sein und seinem Beitrag systemrelevant, und das sollten wir niemals vergessen.“

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

IDEA liefert Ihnen aktuelle Informationen und Meinungen aus der christlichen Welt. Mit einer Spende unterstützen Sie unsere Redakteure und unabhängigen Journalismus. Vielen Dank. 

Jetzt spenden.

4 Wochen IDEA Digital 8,50 Euro 1,00 Euro

Entdecken auch Sie das digitale Abo mit Zugang zu allen Artikeln auf idea.de