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Menschenrechte

Selbsttötung entspricht nicht dem christlichen Menschenbild

17.04.2021

Der Vorsitzende der (katholischen) Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing. Foto: Bistum Limburg
Der Vorsitzende der (katholischen) Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing. Foto: Bistum Limburg

Augsburg (IDEA) – Es entspricht nicht dem christlichen Menschenbild, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen. Diese Ansicht vertrat der Vorsitzende der (katholischen) Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing (Limburg), am 17. April in einem ökumenischen Gottesdienst in Augsburg zur Eröffnung der „Woche für das Leben“.

Sie steht in diesem Jahr unter dem Thema „Leben im Sterben“ und stellt die Sorge für Schwerkranke und Sterbende durch palliative und seelsorgerliche Begleitung in den Mittelpunkt. In seiner Predigt sagte Bätzing, er betrachte die aktuelle politische und gesellschaftliche Debatte über den assistierten Suizid mit großer Sorge.

Hintergrund: Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 das 2015 eingeführte Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe gekippt und zur Begründung erklärt, es gebe ein umfassendes Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Damit sei die Freiheit eingeschlossen, die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen.

Im Bundestag werden zur Zeit zwei Gesetzentwürfe beraten, die ein „Recht zur Hilfeleistung“ bei der Selbsttötung vorsehen. Durch eine Legalisierung der Beihilfe zur Selbsttötung entstehe die Gefahr eines Dammbruchs, erklärt Bätzing. Mit der Zeit werde der Druck auf alte und kranke Menschen wachsen.

Nach christlichem Verständnis behalte aber jeder Mensch in jeder Phase des Lebens seine Würde. Sie sei nicht abhängig von seiner Verfassung, seiner Schaffenskraft oder seiner Gesundheit. Deswegen verdienten unheilbar Kranke die bestmögliche Fürsorge und Pflege.

Bedford-Strohm: Kranken und Angehörigen beistehen

Der EKD-Ratsvorsitzende, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München), sagte in dem Gottesdienst, das Thema „Leben im Sterben“ gehöre in die Mitte der Gesellschaft. Die Sorge um Schwerkranke und Sterbende gehe alle an. Für die Kirchen sei es eine „Kernüberzeugung des christlichen Glaubens“, dass Menschen in jeder Lebensphase von Gott angenommen seien. Daraus folge, Kranken und ihren Angehörigen in ihrer schweren Situation beizustehen.

Der Augsburger Regionalbischof Axel Piper bezeichnete das Sterben als den „Ernstfall des Glaubens“. Piper: „Wenn ich Menschen begegne, die im Sterben sind, lassen sie mich oft viel von ihrer eigenen Glaubenserfahrung wissen, sodass ich viel von der Nähe Gottes in solchen Momenten spüren kann.“

Der katholische Augsburger Bischof Bertram Meier erklärte, mit der „Woche für das Leben“ wollten „die Christen die Kultur des Lebens, das immer Geschenk ist, fördern“.

Montgomery: Kritik am Bundesverfassungsgericht

In einer Podiumsdiskussion zur Eröffnung der „Woche für das Lebens“ sagte der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), eine christlich geprägte Gesellschaft dürfe nicht zulassen, dass Menschen den Suizid als einzigen Ausweg sähen. Die Podiumsdiskussion fand wegen der Corona-Pandemie digital statt.

In einem Grußwort forderte Holetschek, es müsse „eine Kultur des Lebens, des Hinschauens und der Hinwendung zum kranken und sterbenden Menschen“ geschaffen werden. Deswegen setze sich der Freistaat Bayern für einen weiteren Ausbau der Palliativ- und Hospizversorgung ein.

Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery (Hamburg), sagte in der Diskussion: „Das Bundesverfassungsgericht irrt, wenn es die menschliche Selbstbestimmung derart überhöht, dass sie sogar die Abschaffung ihrer selbst miteinschließt.“ Die Aufgabe von Ärzten sei „nicht Hilfe zum Sterben, sondern Hilfe beim Sterben“.

Nicht der schnelle Tod, sondern das sanft begleitete Sterben an der Hand der Familie und eines Arztes seien ein würdiger Abschluss des Lebens. Die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, die Medizinprofessorin Claudia Bausewein (München), betonte, auch Seelsorger spielten in der Hospiz- und Palliativversorgung eine wichtige Rolle. Ihre Aufgabe sei es, die „spirituellen und existentiellen Belange“ der Sterbenden im Blick zu haben.

Roser: Gegen Zeitdruck für Ärzte und Pfleger

Der Theologieprofessor Traugott Roser (Münster) sagte, viele Menschen in Gesundheitsberufen seien bereit, Kranke und Sterbende auch spirituell zu begleiten. Das habe sich in der Coronakrise gezeigt. Eine solche Begleitung sei aber nur möglich, wenn der Zeitdruck auf Ärzte und Pfleger nicht aus wirtschaftlichen Gründen immer weiter erhöht werde.

Der katholische Augsburger Weihbischof Anton Losinger sprach sich entschieden gegen eine Zulassung von organisierter Sterbehilfe aus. „Hinter der Theorie vom freiverantwortlichen Suizid steht allermeist nicht autonome Freiheit, sondern ein Hilferuf an die Gesellschaft“, so Losinger.

Die „Woche für das Leben“ wurde 1991 von der katholischen Kirche mit dem Anliegen gestartet, sich gegen Abtreibung und für den Schutz ungeborener Kinder einzusetzen. Die EKD beteiligt sich seit 1994.

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