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Ostern: Verzicht auf Präsenzgottesdienste „nicht verhältnismäßig“

24.03.2021

Werden die Kirchenbänke zu Ostern leer sein? Symbolfoto: pixabay.com
Werden die Kirchenbänke zu Ostern leer sein? Symbolfoto: pixabay.com

Berlin (IDEA) – Mit Verwunderung bis hin zu deutlicher Kritik haben Kirchenleiter und theologisch konservative Kreise auf die Bitte von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Ministerpräsidenten der Bundesländer reagiert, über die Osterfeiertage keine Präsenzgottesdienste zu veranstalten. In dem Beschluss heißt es: „Bund und Länder werden auf die Religionsgemeinschaften zugehen mit der Bitte, religiöse Versammlungen in dieser Zeit nur virtuell durchzuführen.“

Die evangelischen und katholischen Bischöfe in Niedersachsen reagierten „irritiert“, von der Bitte aus den Medien zu erfahren. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es: „Wir legen Wert darauf, dass die Wahl der Formate und die konkrete Ausgestaltung der Gottesdienste weiter in der Eigenverantwortung der Kirchen bleibt.“ Für viele Menschen sei der Besuch von Gottesdiensten gerade in dieser Zeit ein besonderes Bedürfnis. Außerdem betonen die Bischöfe, dass die Hygienekonzepte in den Kirchen strikt angewandt würden und sich bewährt hätten.

Landesbischof Meyns: Präsenzgottesdienste ermöglichen

Der braunschweigische Landesbischof Christoph Meyns (Wolfenbüttel) erklärte am 23. März, er gehe davon aus, dass in der Landeskirche Präsenzgottesdienste zu Karfreitag und Ostern stattfinden können. Ostern sei der höchste christliche Feiertag und von zentraler Bedeutung für das Glaubensleben von Christen. Außerdem sei gerade in der Corona-Pandemie die seelsorgerliche Zuwendung zu den Menschen eine Kernaufgabe der Kirche.

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bezeichnete es im ZDF zurzeit als offen, ob Gottesdienste tatsächlich nur virtuell stattfinden sollten: „Wir wissen ja, dass das ein besonderes Feld ist. Deshalb wollen wir erst sprechen, bevor wir entscheiden.“

Der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer (Magdeburg), erinnerte daran, dass es zu Weihnachten „zu keinerlei Überlastung unserer Räume und zu keinerlei Infektionsgeschehen gekommen ist“. Er erwarte, dass die Länder mit ihren Verordnungen diese Erfahrung berücksichtigen.

Württemberg: Gespräch mit Kretschmann

Die Evangelische Landeskirche in Württemberg zeigt sich „sehr erstaunt“ über den Vorschlag der Ministerpräsidentenkonferenz. Man warte jetzt die Gespräche mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) ab.

Weiter heißt es in der Stellungnahme: „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sehen wir keine Notwendigkeit, unsere strengen, bewährten und nachhaltigen Regelungen für Präsenzgottesdienste zu ändern.“ Diese orientierten sich jeweils an den regionalen Inzidenzen. Verpflichtend sei eine Absage von Präsenzgottesdiensten ab einer Inzidenz von 300 pro 100.000 Einwohner. Ansonsten gebe es die Empfehlung, die digitale Feier von Gottesdiensten zu prüfen.

ChristusBewegung Württemberg reagiert „verwundert“

Die ChristusBewegung Lebendige Gemeinde in Württemberg äußerte sich „überrascht und verwundert“ über die Bitte, auf Präsenzgottesdienste zu verzichten. Dass ausgerechnet das Osterfest „mit einer generellen Gottesdienst-Abstinenz belegt werden soll, erscheint uns plausibel und nicht verhältnismäßig“, heißt es in einer Stellungnahme. Zwar könne es bei besonders hohen regionalen Inzidenzen geboten sein, einzelne Präsenzgottesdienste abzusagen, ein pauschaler Gottesdienstverzicht „erscheint dabei aber nicht als adäquate Lösung“. Sollte es dennoch dazu kommen, halte man es für „unumgänglich“, eine Liturgie für eine häusliche Abendmahlsfeier anzubieten.

Die ChristusBewegung Lebendige Gemeinde ist seit über 60 Jahren ein geistliches Netzwerk innerhalb der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Als Vorsitzender amtiert Pfarrer Friedemann Kuttler (Großbottwar bei Stuttgart).

Zuvor hatte sich bereits der EKD-Ratsvorsitzende, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München), „überrascht“ von dem Beschluss des Corona-Gipfels gezeigt. Man werde sich in den von der Bundeskanzlerin angekündigten Gesprächen genau erläutern lassen, „warum die bewährten Hygiene-Maßnahmen, die alle Landeskirchen für ihre Gottesdiensten haben, nun nicht mehr ausreichen sollen“. Danach werde man in den Gremien beraten, wie die Kirche mit der Bitte umgehe.

Seehofer „erstaunt“, dass C-Parteien Gottesdienstverzicht nahelegen

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) äußerte zu dem Beschluss: „Es hat mich schon erstaunt, dass ausgerechnet Parteien, die das C im Namen führen, den Kirchen den Verzicht auf Gottesdienste nahelegen, noch dazu an Ostern.“

Er betonte, dass es sich um eine Bitte handle, die Gottesdienste ausfallen zu lassen. Es gebe kein Verbot. Das Innenministerium habe diesen Vorschlag auch nicht gemacht, obwohl es für die Religionen zuständig ist. Sein Ministerium habe stattdessen „schon sehr früh in der Pandemie gemeinsam mit den Kirchen Hygiene-Konzepte ausgearbeitet, die bis heute tadellos funktionieren“.

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