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Menschenrechte

„Offensichtlicher Mord nachträglich zur legalen Handlung deklariert“

22.04.2020

In den Niederlanden ist die aktive Sterbehilfe seit 2002 legal. Foto: pixabay.com
In den Niederlanden ist die aktive Sterbehilfe seit 2002 legal. Foto: pixabay.com

Den Haag/Weuspert (idea) – Deutsche Lebensrechtler sehen die Entwicklung bei der aktiven Sterbehilfe in den Niederlanden mit großer Sorge. Anlass ist ein Grundsatzurteil des dortigen höchsten Gerichts. Der Hohe Rat in Den Haag hat aktive Sterbehilfe bei schwer Demenzkranken erlaubt, sofern eine entsprechende Patientenverfügung vorliegt. Das Gericht sprach am 21. April eine Ärztin vom Vorwurf des Mordes frei. Sie hatte 2016 bei einer schwer an Demenz erkrankten Frau aktive Sterbehilfe geleistet. Die 74-Jährige hatte laut Medienberichten schriftlich festgelegt, dass sie im Falle eines unerträglichen Leidens sterben wolle. Sie schränkte dies mit den Worten ein: „Wenn ich denke, dass die Zeit dafür reif ist.“ Wenig später erkrankte die Frau an Alzheimer. Als sie in ein Pflegeheim umzog, bat der Ehemann dort einen Arzt, seine Gattin auf Basis der Patientenverfügung zu töten. Dem widersprach die Frau mehrfach. So schlimm sei ihre Lage noch nicht. Zwei Ärzte erklärten jedoch, die Voraussetzungen für aktive Sterbehilfe seien erfüllt: Das Leiden der Patientin sei unerträglich und nicht behandelbar, der Todeswunsch freiwillig und durchdacht. Die Familie der Frau entschied daraufhin, dass sie getötet werden soll. Die nun freigesprochene Ärztin gab der Demenzkranken ohne deren Wissen zuerst ein Beruhigungsmittel und dann ein tödliches Medikament. Als die Sterbende aufwachte und sich wehrte, hielten Angehörige sie fest, bis sie starb.

Niederlande: 2018 über 6.000 Fälle von aktiver Sterbehilfe

Die Vorsitzende des Bundesverbandes Lebensrecht, Alexandra Maria Linder (Weuspert/Sauerland), übte gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea scharfe Kritik an dem Urteil. Angesichts der Euthanasie-Praxis in den Niederlanden brauche man sich allerdings nicht zu wundern, „wenn – wie in diesem Fall – auch offensichtlicher Mord nachträglich zur legalen Handlung deklariert wird“. Seit 2002 ist dort aktive Sterbehilfe legal. 2018 wurden über 6.000 Menschen auf diese Weise getötet; das waren vier Prozent aller Verstorbenen. Linder zufolge geben die regionalen Kontrollkommissionen zu, dass nicht alle Fälle gemeldet würden und nicht bei allen Getöteten der Sterbewille eindeutig nachzuweisen sei. Die meisten Menschen in den Niederlanden und Belgien (auch dort ist aktive Sterbehilfe seit 2002 zulässig) begründeten ihren Sterbewunsch damit, so die Lebensrechtlerin, dass sie einsam seien und niemandem zur Last fallen wollten. Es sei keine Rede von unerträglicher Krankheit, sondern von verweigerter Unterstützung. Im Blick auf den Fall der getöteten Demenzkranken erklärte Linder: „Die Vorstellung, wie die eigene Familie die sich wehrende Ehefrau, Mutter, Oma festhält, damit sie umgebracht werden kann, ist entsetzlich. Wer das will oder auch nur hinnimmt, hat jegliche Form der Humanität abgelegt.“ In Deutschland ist aktive Sterbehilfe verboten.

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