Glaube
Netzwerk Bibel und Bekenntnis veröffentlicht Memorandum
21.11.2020
Kassel (idea) – Das theologisch konservative „Netzwerk Bibel und Bekenntnis“ mit Sitz in Kassel hat eine Erklärung über die Kernanliegen der Bewegung veröffentlicht. Wie es in dem „Kasseler Memorandum 2020 – Stimme sein und stärken“ heißt, will das Netzwerk Christen durch biblische Lehre in ihrem Glauben an Jesus Christus stärken. Es beziehe Stellung zu kontroversen Themen in den Landes- und Freikirchen, die Bibel und Bekenntnis widersprächen. Das Netzwerk setze sich dafür ein, dass das Bekenntnis zu Jesus Christus nicht als etwas Nebensächliches abgewertet werde. Einheit in Vielfalt könne nicht dadurch gewonnen werden, „indem wir uns vom biblisch begründeten Konsens verabschieden“. Christus dürfe nicht zur „leeren Hülse“ werden, die beliebig gefüllt werde und nicht mehr verbinde.
Weiter heißt es: „Unsere Aktivitäten sollen geprägt sein von der Liebe zu Jesus, der Treue zur Bibel, ermutigender Glaubensfreude und Eintreten für leidenschaftliche Evangelisation. In unseren theologischen Stellungnahmen wollen wir die seelsorgerische Dimension im Blick behalten.“ Das Netzwerk wolle insbesondere junge Christen in ihrem Glaubensleben fördern. Koalitionen mit politisch motivierten Interessensgruppen lehne man ab.
Der Gründer und Vorsitzende des Netzwerks, Pfarrer Ulrich Parzany (Kassel), sagte dazu auf Nachfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, es könne zu politischen Themen wie etwa Seenotrettung auch unter Christen verschiedene Meinungen geben, aber das Thema sei keine Bekenntnisfrage. „Wir wollen als Netzwerk ausschließlich theologischen Fehlentwicklungen entgegensteuern“, so Parzany.
Dem 2016 gegründeten „Netzwerk Bibel und Bekenntnis“ gehören Christen aus unterschiedlichen Kirchen und Gemeinden an. Derzeit hat es rund 2.800 Mitglieder. Zudem sind 35 landes- und freikirchliche Gemeinden sowie 46 Organisationen und Werke Teil der Bewegung.
Mit dem Memorandum wolle man vier Jahre nach der Gründung auch Rechenschaft über die eigene Arbeit abgeben, sagte Parzany. Das Papier wurde von der „Fortsetzungsgruppe“ (Leitungskreis) des Netzwerks verabschiedet. Vorausgegangen war eine Umfrage unter 85 Leitern bekennender Gemeinschaften und Initiativen. Die Ergebnisse flossen sowohl in die Erklärung als auch in fünf Kurzvorträge ein, die auf der Internetseite des Netzwerks angehört werden können.
Till: „Worthaus“ hat Einfluss auf evangelikale Bewegung
Nach Ansicht des Biologen und christlichen Bloggers Markus Till (Weil im Schönbuch) findet der Gedanke immer mehr Anhänger, dass man auch in Kernfragen des Glaubens Toleranz üben müsse. Doch wenn nur die Person Jesus ohne jede damit verbundene Lehraussage die verbindende Mitte sei, funktioniere Einheit nicht, so Till. Ohne die Bibel als verbindlichen Maßstab gehe die gemeinsame Botschaft verloren.
Als Beispiel nannte er die theologische Internetplattform „Worthaus“. Sie hat Till zufolge einen großen Einfluss auf die evangelikale Bewegung. Seine Analyse von Referaten zeige, dass überwiegend theologisch liberale Positionen vertreten würden. Es werde teilweise angezweifelt, dass Jesus ganz Gott gewesen sei, dass er am Kreuz einen Opfertod gestorben und dass die leibliche Auferstehung grundlegend für den christlichen Glauben sei.
Maßgeblich prägend für das Portal seien die „Worthaus“-Hauptreferenten, die Theologieprofessoren Thorsten Dietz (Marburg) und Siegfried Zimmer (Ludwigsburg). Beide seien gefragte Redner auf evangelikalen Großveranstaltungen und an freikirchlichen Ausbildungsstätten. Dietz sei zudem Mitglied des Trägervereins von ERF Medien (Wetzlar).
Zimmer etwa habe gesagt, „dass Jesus kein Hellseher war, er hat kein Orakelwissen gehabt. ... Er ist schon ein normaler Mensch.“ Über die Aussage in einem Beitrag eines Heftes für Sonntagschulmitarbeiter, dass Jesus Sohn Gottes und Retter der Welt sei, dass er gekommen sei, um zu sterben und viele Wunder getan habe, sagte Zimmer: „Da muss ich fast kotzen. Ich kann’s nicht anders sagen.“
Liberalerer Kurs in manchen evangelikalen Ausbildungsstätten
Pfarrer Christian Schwark (Siegen) sagte in seinem Vortrag, dass auch an manchen theologischen Ausbildungsstätten ein liberalerer Kurs eingeschlagen worden sei.
Als Beispiel nannte er unter anderen den an der Theologischen Hochschule Tabor lehrenden Theologieprofessor Thorsten Dietz und die Theologin Sandra Bils (Berlin). Sie hatte 2019 die Abschlusspredigt beim Deutschen Evangelischen Kirchentag gehalten und ist seit 2019 Honorarprofessorin an der CVJM-Hochschule in Kassel. Bereits 2015 habe sie eine konservative Position diskreditiert, sagte Schwark und verwies auf einen Eintrag von Bils in ihrem Blog „Pastor Sandy“. Sie hatte damals eine Aussage von dem Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister, aufgegriffen.
Meister hatte in einem Brief geschrieben, dass die Landeskirche gleichgeschlechtliche Partner segne und dass man gleichzeitig akzeptieren müsse, dass es in der Kirche auch Pastoren gebe, die dies ablehnten. Bils äußerte, dass ihr das nicht weit genug gehe, weil Meister „anderen Meinungen eine Daseinsberechtigung zuspricht“. Damit wende sie sich gegen Andersdenkende, so Schwark.
Wie er weiter sagte, können sich Studenten, Spender und Gemeinden heute nicht darauf verlassen, dass an evangelikalen Ausbildungsstätten „bibeltreu“ gelehrt werde. Es habe zwar schon immer auch unter Evangelikalen verschiedene Meinungen zum Thema Bibelverständnis gegeben, aber jetzt gehe es nicht mehr um Nuancen, sondern um zentrale Aussagen des christlichen Glaubens. Es werde zum Beispiel diskutiert, ob der Glaube daran, dass Jesus ganz Gott und ganz Mensch ist, für alle Christen verbindlich sei.
Pfarrer Eißler: „Kirche hat sich von Gottes Wort gelöst“
Pfarrer Tobias Eißler (Ostfildern-Ruit) sagte in seinem Vortrag, dass die Kirchen den Leitideen von Staat und Gesellschaft folgten. Die Tradition von Bibel und Bekenntnis werde zeitgemäß angepasst. Das könne nur deshalb funktionieren, weil das „Schiff der Kirche von seiner Verankerung in Gottes Wort und Werten gelöst worden ist“. Biblische Aussagen, die querliegen, etwa zu Homosexualität oder zum Lebensschutz, würden als historisch bedingt und heute überholt beiseitegeschoben.
Wie Eißler weiter sagte, bestimmen politische Themen die kirchliche Agenda wie Anti-Rassismus, Klimarettung, das Flüchtlingsproblem, die Eine-Welt-Idee und Feminismus. Jedoch hätten die Versuche, sich als liberale Kirche zu präsentieren, keinen Erfolg wie sinkende Zahlen bei den Mitgliedern und Gottesdienstbesuchen zeigten.
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