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Musikalische Mission: Zehntausende blasen zur Ehre Gottes

27.06.2020

Posaunenchöre sind ein wichtiges Standbein kirchlicher Arbeit. Symbolfoto: pixabay.com
Posaunenchöre sind ein wichtiges Standbein kirchlicher Arbeit. Symbolfoto: pixabay.com

Wetzlar (idea) – Die Posaunenchöre sind trotz zurückgehender Mitgliederzahlen weiterhin ein wichtiges Standbein kirchlicher Arbeit. Mit kreativen Angeboten und der Gewinnung auch erwachsener Einsteiger wollen die Chöre einem Mitgliederschwund entgegenwirken. Das ergab eine Umfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea beim Evangelischen Posaunendienst in Deutschland sowie fünf seiner 29 regionalen Verbände.

EPiD: 110.000 Bläser in 6.000 Chören

Als Dachverband landes- und freikirchlicher Werke zählt der Evangelische Posaunendienst in Deutschland (EPiD) derzeit 6.000 Chöre mit rund 110.000 Bläsern. Dem Leitenden Obmann, Rolf Bareis (Sontheim/Brenz), zufolge sind darunter etwas mehr als ein Drittel Jugendliche, knapp ein Drittel Erwachsene sowie ein Drittel Senioren. Für viele von ihnen sei das Verständnis, zur Ehre Gottes zu musizieren, sehr wichtig: „Bläser sprechen von einem ‚Einsatz’, wenn sie im Gottesdienst, auf Friedhöfen oder sonst diakonisch und missionarisch spielen.“ Die Palette reiche dabei von mittelalterlicher Musik bis zu Rock und Filmmelodien.

Bayern: Das „Land der Blechbläser“

Einer der zahlenmäßig stärksten Vertreter im EPiD ist – mit 18.000 Bläsern in 862 Posaunenchören (2010: 893) – der Verband Evangelischer Posaunenchöre in Bayern (VEP). Gerade im fränkischen Teil sind die Chöre laut Ralf Tochtermann (Nürnberg), einem der insgesamt vier Landesposaunenwarte, stark vertreten. Vor allem in den ländlichen Regionen sei der Posaunenchor ein „nicht wegzudenkender Bestandteil“ des kirchlichen Lebens und der Dorfgemeinschaft: „Es gibt Dörfer, in denen bis zu zehn Prozent der Einwohner Mitglied im Posaunenchor ist.“ Um auch die Jüngeren anzusprechen, unterstützt der Verband die Kooperation mit Musikschulen und Blasorchestern. Tochtermann beobachtet, dass immer häufiger auch Erwachsene beginnen, ein Instrument zu lernen. Ein weiterer Trend sei die musikalische Vielseitigkeit. Während früher hauptsächlich Choräle zur Begleitung des Gemeindegesangs gespielt worden seien, gebe es heute Bläsermusik aller Genres und Stilrichtungen: „von der Alten Musik, über das klassische Repertoire bis zu modernen Bearbeitungen aus Pop, Rock, Jazz, Latin und Swing“.

Württemberg: Spezielle Musikschulen für Bläser aus den Posaunenchören

Mit rund 17.000 Bläsern in 680 Chören fast gleichauf liegt die Posaunenarbeit innerhalb der württembergischen Landeskirche, die im dortigen Evangelischen Jugendwerk angesiedelt ist. Landesposaunenwart Hans-Ulrich Nonnenmann (Stuttgart) zufolge liegt der Anteil weiblicher Mitglieder bei einem Drittel. Auch die württembergische Posaunenarbeit profitiert davon, erwachsene Bläseranfänger zu gewinnen. Schwieriger sei es hingegen, Chorleiter zu finden. Die zurückgehende Zahl der Kirchenmitglieder wirke sich an manchen Orten auch auf dir Bläserarbeit aus. „Dem versuchen wir mit der Gründung von Bezirksposaunenchorschulen – also Musikschulen nur für Bläser aus den Posaunenchören –, Bläserklassen und Bläser-AGs in Schulen entgegenzuwirken“, so Nonnenmann. So könnten Schüler durch die reinen Blechbläser-Musikschulen mit professionellen Lehrern, organisiert über das Bezirksjugendwerk des jeweiligen Dekanats-Bezirks und unter „Aufsicht“ der Posaunenarbeits-Bezirksführung, gezielt auf das Spielen im Posaunenchor vorbereitet werden. Auch sei eine befristete Projektstelle geschaffen worden, um Musikkooperationen mit Schulen, Musikschulen und Instrumentallehrern zu initiieren oder zu vertiefen.

Hannover: Bläser als musikalische „Einsatzkommandos“ der Mission

Einen Zusammenhang zwischen dem Wirken der Erweckungsbewegung im 19. Jahrhundert und der Posaunenchorlandschaft sieht die Landespastorin für Posaunenchorarbeit im Posaunenwerk der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Marianne Gorka (Hildesheim). „Posaunenchöre waren die musikalischen ‚Einsatzkommandos’ bei den missionarischen Großveranstaltungen“, so Gorka. Bis heute sehe man das an einer blühenden Chorlandschaft in der Heide, im Kreis Bremervörde-Zeven oder im Kreis Melle. Auf dem gesamten Gebiet des Verbandes sind derzeit 12.000 Bläser in 600 Chören tätig. Um Anfänger besonders zu fördern, gibt es der Pastorin zufolge unter anderem Seminarangebote sowie spezielle Anfängerkurse für Erwachsene. „Zu den Trends gehören auch Cross-Over-Projekte, das Zusammenwirken mit anderen Musikgenres oder anderen ‚Kulturkreisen’“, so Gorka. Auch in den technischen Möglichkeiten, wie etwa Video- oder Audiozusammenstellungen, die während der Corona-Krise zahlreich verbreitet wurden, sieht die Pastorin einen „Trend der vergangenen Jahre, der sich noch weiter ausweiten wird“.

Sachsen: Durch Bläserarbeit kann starke Bindung zu Gott entstehen

Auch bei der Sächsischen Posaunenmission, mit „Hochburgen“ im Erzgebirge und in der Lausitz, spielt das Thema Nachwuchs eine wichtige Rolle. Der Verband zählt aktuell 6.000 Chormitglieder in 426 Chören (2010: 456 Chöre). Wie der Leiter der Geschäftsstelle, Frieder Lomtscher (Dresden), sagte, bieten einige sehr engagierte Posaunenchöre inzwischen im Rahmen der Ganztagsangebote Bläserunterricht in den Schulen an. Durch die Abwanderung der Jugendlichen zur Ausbildung bzw. zum Studium gebe es jedoch Chöre, die beständig ausbildeten und trotzdem kaum junge Leute im Chor hätten – was wiederum für die Jugendlichen oft nicht einladend sei. Deswegen bietet der Verband unter anderem Bläserlehrgänge und -freizeiten für Kinder und Jugendliche sowie spezielle Tages- und Wochenendseminare für erwachsene Anfänger an. In Chören, wo es Interessenten, aber keinen Ausbilder vor Ort gibt, wird seit 2006 nach Möglichkeit ein ausgebildeter Instrumentallehrer als Honorarkraft für die Posaunenchöre gesucht. Aktuell nutzen 234 Schüler dieses Angebot. Lomtscher zufolge sinkt die Zahl der Bläser und Chöre, aber nicht in dem Ausmaß wie Bevölkerungs- oder Kirchenmitgliederzahlen: „Durch die Bläserarbeit entsteht offensichtlich eine starke Bindung in die Chorgemeinschaft, zur Kirchgemeinde und insbesondere durch die regelmäßigen Gottesdiensteinsätze auch zu Gott.“

CVJM-Westbund: Musikalische Pietisten

Im CVJM-Westbund, der in Nordrhein-Westfalen, Hessen, dem Saarland sowie in Teilen von Rheinland-Pfalz und Niedersachsen aktiv ist, gehören unter anderem Ostwestfalen, das Siegerland und die Region Wetzlar-Gießen zu den „Hochburgen“ der Bläserarbeit. „Vor allem die pietistischen Ecken und ländlichen Gebiete sind oft klare Spitzenreiter, was die Mitgliederdichte angeht“, berichtet der Bundessekretär für Posaunenarbeit, Klaus-Peter Diehl (Minden). Derzeit zählt der Verband 4.416 Mitglieder in 300 Chören. Um den Nachwuchs zu begeistern und zu halten, gibt es einen Hauptamtlichen, der ausschließlich für die Anfängerarbeit zuständig ist. Er betreut Diehl zufolge die ehrenamtlichen Ausbilder oder geht an Schulen, um dort das Interesse für ein Blasinstrument zu wecken. Ein weiterer Anreiz sei das Auswahlensemble aus 40 Jugendlichen, der Bundesjugendposaunenchor („BuJuPo“), der auch bei Konzerten oder großen Veranstaltungen wie den Bundesposaunenfesten musiziert.

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