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19.000 Unterzeichner: Kein Disziplinarverfahren gegen Olaf Latzel

04.06.2020

Gegen Pastor Olaf Latzel läuft seit dem 14. Mai ein Disziplinarverfahren. Foto: idea/kairospress
Gegen Pastor Olaf Latzel läuft seit dem 14. Mai ein Disziplinarverfahren. Foto: idea/kairospress

Bremen (idea) – Über 19.000 Unterzeichner aus ganz Deutschland haben in einer Petition die Bremische Evangelische Kirche (BEK) aufgefordert, das Disziplinarverfahren gegen den evangelikalen Pastor der St.-Martini-Gemeinde, Olaf Latzel (Bremen), einzustellen. Der Initiator der Petition, der Theologiestudent Jonas Eberhardt (Bergneustadt bei Gummersbach), übergab die Unterschriften am 4. Juni dem Leiter der Kirchenkanzlei, Johann Daniel Noltenius. Wie die BEK-Pressesprecherin, Sabine Hatscher, der Evangelischen Nachrichtenagentur idea sagte, nimmt die Kirche eigentlich keinerlei Petitionen entgegen: „Aber wir wollten die Petenten, als sie vor der Tür standen, nicht vor den Kopf stoßen.” Deshalb habe man sich das Material doch aushändigen lassen.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt

Zum Hintergrund: Die BEK hat am 14. Mai ein Disziplinarverfahren gegen Latzel eingeleitet. Begründet wurde es mit Äußerungen zur biblischen Beurteilung über gelebte Homosexualität im Rahmen eines Eheseminars im Oktober 2019. Er hatte darin Homosexuelle als Verbrecher bezeichnet. Die Staatsanwaltschaft prüft den Vorwurf der Volksverhetzung. Latzels Kirchengemeinde hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Aufgrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurde das Disziplinarverfahren zunächst ausgesetzt.

Latzel entschuldigte sich für das Wort „Verbrecher“

Der 52-jährige Theologe hatte in einem Eheseminar, das auf YouTube veröffentlicht wurde, unter anderem über Homosexuelle gesprochen. Dabei sagte er: „Überall laufen diese Verbrecher rum vom Christopher Street Day.“ Für die Verwendung des Wortes „Verbrecher“ entschuldigte er sich später öffentlich. Er habe damit nicht allgemein homosexuell lebende Menschen gemeint, „sondern militante Aggressoren, die uns als Gemeinde in den letzten Jahren immer wieder angegriffen und gotteslästerlich diffamiert haben“. Die Audio-Datei mit seinen Äußerungen wurde inzwischen auf YouTube gelöscht. Gegenüber idea hatte Latzel darauf verwiesen, dass seine Gemeinde seit Jahren Ziel von Anfeindungen geworden sei. Die Kirche sei beschmiert, sein Auto beschädigt, Gottesdienste gestört und Besucher zum Kirchenaustritt aufgerufen worden. Er selbst habe zwei Morddrohungen erhalten. Die Übergriffe seien angezeigt worden.

Unglückliche Wortwahl als Vorwand

Wie Eberhardt, der an der Biblisch-Theologischen Akademie des Forums Wiedenest (Bergneustadt) studiert, idea sagte, „kann ein Disziplinarverfahren ausschließlich bei Dienstvergehen, schwerwiegenden Verletzungen des Dienstrechts und strafrechtlichen Verurteilungen eingeleitet werden“. Solche Verstöße lägen bei Latzel nicht vor. Es dürfe nicht sein, dass die Kirche eine unglückliche Wortwahl Latzels als Deckmantel ausnutze, um geltendes Recht auszuhöhlen: „Die Kirche versucht dadurch, massiv Einfluss auf das Recht der Meinungs- und Lehrfreiheit zu nehmen.“ Es müsse im Interesse jedes Bürgers sein, diese Rechtsstaatlichkeit zu wahren. Vor der Eröffnung des Disziplinarverfahrens hatte Eberhardt bereits bis dahin eingegangene 14.000 Unterschriften weitergegeben.

Schriftführer: Viele Unterschreiber sind keine Kirchenmitglieder

Der geistliche Leiter der BEK, Schriftführer Bernd Kuschnerus, bezeichnete die Internet-Petition Medienberichten zufolge als „Netzphänomen“. Gegenüber Radio Bremen sagte er weiter: „Viele Zuschriften zeigen uns auch, dass es hier gar nicht um Kirchenmitglieder geht, sondern zum Teil um Freikirchliche oder andere, die aus der Kirche ausgetreten sind.“ Die Gemeinde selber sei mit 1.160 Mitgliedern nicht so groß. Kuschnerus: „Wir haben in der Bremischen Kirche 182.000 Menschen, und der ganz, ganz überwiegende Teil ist für eine Fairness, für Gleichstellung und auch für einen respektvollen Umgang miteinander.“ Latzels im Internet übertragene Gottesdienste zählen allein auf YouTube teilweise mehr als 30.000 Zuschauer.

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