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Gesellschaft

Wie Corona der christlichen Musikszene zusetzt

14.05.2020

Viele Musiker mussten ihre Konzerte absagen. Symbolfoto: pixabay.com
Viele Musiker mussten ihre Konzerte absagen. Symbolfoto: pixabay.com

Wetzlar (idea) – Auch die christliche Musikszene ist von den Auswirkungen der Corona-Pandemie stark betroffen. Das ergab eine Umfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea unter freischaffenden Vertretern aus Pop und Klassik.

KOENIGE & PRIESTER: Gottvertrauen trotz abgesagter Live-Tour

Die Band KOENIGE & PRIESTER musste laut ihrem Mitglied Thomas Enns (Köln) Ende Februar die komplette Tour zu ihrem dritten Album „Leuchtfarben“ absagen. Bis Ende September seien damit nunmehr alle 22 geplanten Konzerte betroffen: „Das fühlt sich wirklich komisch an, da wir bereit waren, mit dem neuen Programm auf große Live-Tour zu gehen.“ Aktuell lebe die Band sparsamer als zuvor und würde bei Bedarf auch über Crowdfunding nachdenken (Schwarmfinanzierung), so Enns. Trotzdem lebten die Mitglieder im festen Vertrauen auf Gottes Beistand und ließen sich nicht von der Angst treiben. „Unsere Songs sprechen nun lauter als je zuvor – Gott trägt uns durch.“ Das zeige auch eine ganz aktuelle Begebenheit. So habe unerwartet ein Mann aus Kanada angerufen, dem es auf dem Herzen lag, ihn und seine Familie für die nächste Zeit finanziell zu unterstützen. „Gott ist wirklich nichts unmöglich“, so der Musiker.

Daniel Kallauch: Keine Konzerte bis mindestens Ende August

Der christliche Kindermusiker Daniel Kallauch (Ostfildern bei Stuttgart) musste ebenso bis August alle Familienshows – insgesamt 16 Auftritte – absagen. Auch nach einem Neustart im Herbst sehe es momentan nicht aus. „Viele Familien in einem Saal, die gemeinsam singen, ist mit diesem Virus schwer vorstellbar“, so Kallauch. So könnten womöglich weitere 35 vereinbarte Termine ausfallen. Die Kosten für seine beiden Mitarbeiterinnen, Lagerräume, die geschäftlichen Fahrzeuge, Versicherungen und das Plattenlabel liefen jedoch weiter, und eine dreimonatige Soforthilfe vom Land Nordrhein-Westfalen laufe im Mai aus. Per Crowdfunding habe er allerdings einen Teil seiner CD-Produktion „Knallvergnügt – Von Gott geliebt“ refinanzieren können. „Weitere Unterstützung dieser Kampagne würde mir, den Musikern und dem Studio helfen, darüber hinaus noch etwas zu produzieren, das das Überleben meines Labels retten kann.“

Countertenor: Staatliches Berufsausübungsverbot trifft „mitten ins Herz“

Als „enorm dramatisch“ schätzt der Countertenor David Erler (Leipzig) die Auswirkungen der Corona-Krise ein. Er tritt regelmäßig in Kirchen auf, etwa in der Thomaskirche Leipzig oder der Augustinuskirche Schwäbisch Gmünd. Durch die Krise seien ihm seit Anfang März jedoch 19 Auftritte und Projekte abgesagt worden – der Großteil davon in der für Musiker wirtschaftlich enorm wichtigen Passionszeit. Weitere Stornierungen könnten folgen. Das staatlich auferlegte Berufsausübungsverbot treffe ihn wirtschaftlich mitten ins Herz und auch ganz grundsätzlich, „da ich das Singen als meine Berufung betrachte, der ich nun nur noch sehr eingeschränkt nachgehen kann“. Obwohl die Corona-Beschränkungen bereits zwei Monate andauerten, sind Erler zufolge die Soforthilfen des Bundes und der meisten Länder noch immer so gestaltet, dass sie ihn und viele seiner Kollegen nicht erreichten.

290.000 unterzeichnen Aufruf zur Unterstützung von Künstlern

Die von ihm gestartete Petition „Hilfen für Freiberufler und Künstler während des ‚#Corona-Shutdowns‘“ soll auf die prekäre Situation der Betroffenen aufmerksam machen und für schnelle Hilfen – wie etwa Entschädigungen für abgesagte/entfallene Aufträge oder ein Grundeinkommen – werben. Seit dem Start am 11. März unterzeichneten rund 290.000 Personen den Aufruf. Aber auch die Gesellschaft und die Kirchen sieht der Musiker in der Pflicht. Gerade Letztere sollten Erler zufolge vorangehen: „Leider erlebe ich derzeit das Gegenteil: Die allerwenigsten Kirchen denken überhaupt darüber nach, z. B. Ausfallhonorare zu zahlen. Dabei tragen viele von uns Künstlern auch zur Verbreitung des Evangeliums bei, indem wir in unzähligen Kirchenkonzerten singen sowie musizieren und dabei einen entscheidenden Beitrag zur Verkündigung des Wortes Gottes leisten.“

Motschmann regt kirchensteuerfinanzierte Ausfallhonorare für Betroffene an

Die kultur- und medienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Elisabeth Motschmann (Bremen), regte gegenüber idea kirchensteuerfinanzierte Ausfallhonorare an. Dabei sollten die Kirchen ihre Gemeinden und Kirchenkreise auffordern, die Ausfallhonorare selbstständiger Instrumentalmusiker und Sänger, die in Gottesdiensten und Kirchenkonzerten auftreten, zu zahlen, um die Not der Betroffenen zu lindern. Ihr zufolge haben selbstständige Künstler derzeit einen 100-prozentigen Ausfall ihres Einkommens zu verkraften. Dabei bestehe die Bindung vieler Menschen an die Kirche gerade über die Kirchenmusik. „Ohne Musik wären viele Gotteshäuser noch schlechter besucht“, so die Politikerin. Darüber hinaus sei Kirchenmusik ein wichtiger Bestandteil des kirchlichen Lebens und der Verkündigung. Dass die Kirchenmusik – zumindest für die Kirchen selbst – systemrelevant sei, sollte ihnen darum auch nach der Krise bewusst sein. „Und jeder Kirchenbesucher wird viel Verständnis dafür haben, wenn die Kirchenmusik im Kollektenplan häufiger vorkommt als bisher.“

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