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Gesellschaft

Psychisch kranke Menschen leiden stark unter der Krise

02.05.2020

Viele Patienten sind ohnehin nicht gut in Beziehungen eingebunden, und nun geht auch kaum mehr ein anderer aktiv auf sie zu, sagte Seehuber. Foto: pixabay.com
Viele Patienten sind ohnehin nicht gut in Beziehungen eingebunden, und nun geht auch kaum mehr ein anderer aktiv auf sie zu, sagte Seehuber. Foto: pixabay.com

Frankfurt am Main (idea) – Psychisch kranke Menschen sind in der Corona-Krise besonders von den Einschränkungen im öffentlichen sowie privaten Leben betroffen. Krankheitsmuster, die sie dank einer Behandlung gut im Griff hatten, werden wieder aktiviert oder gar verstärkt. Davon ist der Chefarzt an der Klinik Hohe Mark für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (Frankfurt am Main), Dietmar Seehuber, überzeugt. Er sagte gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, dass angeschlagene und verletzbare Menschen mit dieser neuen Situation oftmals nicht umgehen könnten. Sie fühlten sich hilf- sowie perspektivlos und könnten das nicht ausgleichen: „Sie reagieren stattdessen mit Rückzug, mit Inaktivität, mit Abhängigkeit, mit einer ausgeprägten Ängstlichkeit oder auch mit Suchtverhalten.“ Viel Vertrautes gehe ihnen verloren: „Dienste und Gruppen, die hilfreich für sie waren, sind nicht mehr aktiv. Es ist wie eine Art Lähmungszustand für sie. Viele Patienten sind ohnehin nicht gut in Beziehungen eingebunden, und nun geht auch kaum mehr ein anderer aktiv auf sie zu.“ Er habe in den vergangenen Wochen bereits erleben müssen, dass Patienten, die sich auf einem guten Weg befunden hätten, stationär wieder aufgenommen werden mussten, so Seehuber, der auch die Ambulanz der Klinik leitet.

Zunahme an Behandlungen erwartet

Er versuche derzeit, möglichst viel über das Telefon mit seinen Patienten in Kontakt zu bleiben, rufe sie auch von sich aus an, um Gefahren rechtzeitig erkennen zu können. Etwa zehn bis fünfzehn Notfälle kämen pro Tag persönlich in die Ambulanz. Aber auch diejenigen, die bislang nicht von Psychiatern oder Psychologen betreut wurden, kämen nun an ihre Grenzen: „Wir dürfen uns da nichts vormachen. Die Corona-Krise wird angeschlagene Menschen in Bedrängnis bringen, und bei manchen wird es bis hin zur Suizidalität führen.“ Er rechne darum auch mit einer Zunahme von Behandlungen in den kommenden Monaten.

Normalität und Hoffnung

Seehuber zufolge wird nun „eine Art von Normalität“ in dieser noch länger andauernden Krise gebraucht: „Wenn man permanent nur im Krisenmodus ist, ist das extrem anstrengend.“ Er empfehle, Strukturen zu etablieren, die als normal angenommen und akzeptiert werden. „Wenn man beispielsweise im Homeoffice arbeiten muss, sollte man sich das so organisieren, dass jeder Tag einem ähnlichen Muster folgt.“ Zudem sollte sich jeder die Hoffnung bewahren, dass sich alles wieder normalisiert: „Papst Franziskus hat betont, dass es ein Grundrecht auf Hoffnung gibt – und das ist genau richtig.“ Die Klinik Hohe Mark mit Standorten in Oberursel und Frankfurt am Main hat insgesamt 259 Betten, 20 Plätze in der Tagesklinik und 20 weitere in der Tages-Rehabilitation. 430 Mitarbeiter betreuen jährlich 2.500 Patienten stationär und 8.000 ambulant. Die Hohe Mark gehört zum Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverband, einem Verbund diakonischer Einrichtungen des Gesundheitswesens. Hierzu zählen Krankenhäuser, Rehakliniken, Medizinische Versorgungszentren, Senioreneinrichtungen sowie Schulen und eine Akademie. Insgesamt arbeiten mehr als 2.500 Menschen für die Organisation. Führungsgesellschaft ist die DGD-Stiftung mit Sitz in Marburg. Sie gehört zur Diakonie Deutschland und zum Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverband.

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