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Debatte um Kuppelkreuz und Spruchband geht weiter

02.06.2020

Das Kuppelkreuz vor seiner Montage auf dem Berliner Stadtschloss. Foto: picture-alliance/dpa
Das Kuppelkreuz vor seiner Montage auf dem Berliner Stadtschloss. Foto: picture-alliance/dpa

Berlin (idea) – Die Debatte um christliche Symbole auf dem wiedererrichteten Berliner Stadtschloss geht weiter. Anlässlich der Montage des Kuppelkreuzes am 29. Mai meldeten sich erneut zahlreiche Vertreter aus Kirche und Politik zu Wort. Insbesondere für Kontroversen sorgte dabei eine ebenfalls rekonstruierte goldene Inschrift aus zwei Bibelversen (Apostelgeschichte 4,12 und Philipper 2,10) unterhalb der Kuppel: „Es ist kein ander Heil, es ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn der Name Jesu, zu Ehren des Vaters, dass im Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.“ Sie soll von König Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) ausgewählt worden sein.

„Es ist kein ander Heil ...“: Kirchenleiter sind sich uneins

Während die Leiter der katholischen und der evangelischen Kirche in Berlin die Wiedererrichtung des Kreuzes einstimmig begrüßten, gibt es mit Blick auf das Spruchband Uneinigkeit. Dem katholischen Erzbischof des Bistums Berlin, Heiner Koch, zufolge, betonen die beiden Bibelverse, „dass die Menschen sich nur vor Gott verbeugen und keiner irdischen Macht diese Ehre erweisen sollen: Welche Freiheit spricht aus diesen Worten!“. Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), Christian Stäblein, wiederum erklärte: „Intolerante Exklusivitätsansprüche sind – auch als historische Zitate – gefährlich und brauchen Gegenbilder.“ Gegenüber „katholisch.de“ (Bonn) äußerte die Sprecherin der Landeskirche, Amet Bick, weiterhin: „Der Spruch zeigt eine Mischung aus Bibelzitat und seltsamer Königstheologie, eine restaurative Betonung von machtvollen Alleinvertretungsansprüchen. Für Menschen, die den Kontext nicht kennen, ist das verständlicherweise irritierend.“ Zuletzt hatte der jüdische Präsident des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Rabbiner Andreas Nachama (Berlin), an die beiden Kirchenleiter appelliert, für die Beseitigung des Spruches einzutreten. „Im Jahr 2020 sollte es einen solchen Rückfall in die Gedankenwelt eines Preußenkönigs nicht geben“, so Nachama.

Claussen: Wiederaufbau ohne Kreuz wäre „architekturhistorische Zensur“

Im Kreuz wiederum sehen Kritiker seit mehreren Jahren eine Gefährdung der Neutralität des Bauwerks sowie eine Belastung des interkulturellen Dialogs, für den es eigentlich stehen wolle. Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU/Berlin), schrieb in einem Dossier des Humboldt-Forum hingegen, das Kreuz stehe als Symbol des Christentums für Nächstenliebe, Freiheit, Weltoffenheit und Toleranz. Zugleich sei es „als Einladung zu verstehen, die unterschiedlichen Kulturen kennenzulernen, die im Humboldt Forum ihren Platz finden“. Auch der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland, Johann Hinrich Claussen (Berlin), erklärte gegenüber „domradio.de“ (Köln), Kuppel und Kreuz gehörten mit zum Wiederaufbau: „Alles andere wäre eine architekturhistorische Zensur.“

Steffen Reiche: Das Kreuz ist systemrelevant

Der Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Nikolassee, Steffen Reiche, sagte gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea: „Das Kreuz ist systemrelevant, und deshalb bin ich Gott pfingstlich dankbar, dass es auf dem Schloss ist.“ So sei gerade im Zeichen des Kreuzes „gegen allen kulturellen und nationalen Hochmut gelernt worden, dass alle Menschen, alle Kulturen, alle Völker vor Gott gleichberechtigt sind.“ Dies geschehe nicht durch Unterwerfung, sondern weil Gott alle Menschen in gleicher Weise liebe und annehme. Das Schloss war 1950 auf Befehl des damaligen DDR-Staatschefs Walter Ulbricht (1893–1973) gesprengt worden. 2002 beschloss der Bundestag den Wiederaufbau als Humboldt Forum, der ursprünglich 2019 abgeschlossen werden sollte. Das im Schloss entstehende Forum soll Zentrum für Kunst, Kultur, Wissenschaft und Bildung mit Schwerpunkt auf völkerkundlichen Sammlungen sein. Die für September 2020 geplante Wiedereröffnung wurde aufgrund der Corona-Pandemie verschoben. Derzeit ist eine Eröffnung in drei Etappen vorgesehen, die Ende 2021 abgeschlossen sein soll.

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