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Eine Gemeinde ringt um ihren Kurs

10.12.2018

Waiblingen (idea) – In einer Kontroverse zwischen bibeltreuen und liberalen Protestanten über den geistlichen Kurs in einer Gemeinde der Evangelischen Landeskirche in Württemberg sind am 2. Advent beide Seiten aufeinander zugegangen. Das bestätigten der Pfarrer der betroffenen Gemeinde von Waiblingen-Hegnach, Bernhard Elser, und Dekan Timmo Hertneck (Waiblingen) der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Die beiden Theologen hatten gemeinsam den Gottesdienst gestaltet, in dem die unterschiedlichen Positionen offen angesprochen wurden. Zum Abschluss seien beide Seiten aufeinander zugegangen und hätten sich als Zeichen der Versöhnung die Hände gereicht. Hertneck: „Das war ein starkes Versöhnungszeichen.“

1.700 Mitglieder zählende Gemeinde mit intensivem Gemeindeleben

Zum Hintergrund: Die 1.700 Mitglieder zählende Gemeinde hat ein intensives Gemeindeleben mit zahlreichen Gruppen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sowie Hauskreisen. Es gibt eine umfangreiche Musikarbeit, unter anderem mit Lobpreisgruppen. Eine Kinderbibelwoche zählte über 100 Teilnehmer. Vor einem Jahr kam es zu einer Kontroverse über den missionarischen Kurs. Elser, der seit zwei Jahren in der Gemeinde als Pfarrer arbeitet und zum theologisch konservativen Netzwerk Bibel und Bekenntnis von Pfarrer Ulrich Parzany (Kassel) gehört, hatte ihn zu einem Vortrag über sein aktuelles Buch „Was nun Kirche?“ und zu einem evangelistischen Gottesdienst eingeladen. Auch eine ProChrist-Evangelisation veranstaltete die Gemeinde im März. Gegen diesen Kurs formierte sich Widerstand: 41 Mitglieder forderten in einer schriftlichen Eingabe an den Kirchengemeinderat ein plurales Gemeindeprofil. Es kam daraufhin zu weiteren Konflikten, die von den Medien aufgegriffen wurden. In der Waiblinger Kreiszeitung wie auch im Deutschlandfunk wurde ausschließlich Elser für die Polarisierung der Gemeinde verantwortlich gemacht. Er sei „ultrakonservativ“, hieß es. Auch ein Versuch des Kirchengemeinderates, mit einer Stellungnahme die Wogen zu glätten, scheiterte.

„Wo Landeskirche draufsteht …“

Dekan Hertneck startete daraufhin einen eigenen Anlauf, die Kontroverse zu schlichten. Er suchte Gespräche mit beiden Seiten. Im Adventsgottesdienst am 9. Dezember plädierte er für Vielfalt: „Wo Landeskirche draufsteht, muss auch Landeskirche drin sein.“ Auch Elser erläuterte seine Position: Er wünsche sich Respekt für seine theologischen Standpunkte, wie er auch Respekt vor anderen Meinungen habe. In einer Kirchengemeinde müsse es möglich sein, dass Mitglieder mit unterschiedlichen geistlichen Überzeugungen ihren Platz haben: „Ich respektiere sie.“ Er lud ferner dazu ein, die Gemeinde auf der Grundlage des Evangeliums „mutig und innovativ“ zu bauen und sich dabei nicht entmutigen zu lassen.

Gemeindewachstum durch am Evangelium ausgerichteten Kurs

Wie er idea weiter sagte, gibt es nach wie vor unterschiedliche Sichtweisen über die Ausrichtung der Gemeinde. Doch auch seine Kritiker hätten es begrüßt, dass er um ein gutes Miteinander bemüht sei. Ferner berichtete er, dass die am Evangelium ausgerichtete Gemeindearbeit viele Menschen auch außerhalb der Gemeinde angespreche. Elser: „Christen, die unsere Arbeit schätzen, haben sich bewusst der Gemeinde angeschlossen.“ Der Pfarrer zeigte sich dankbar für die Arbeit des Netzwerks Bibel und Bekenntnis: „Hier fühle ich mich theologisch und persönlich hervorragend aufgehoben.“ Von den Schwierigkeiten werde er sich nicht entmutigen lassen: „Dafür ist meine Begeisterung für das Evangelium von Jesus Christus und seine Gemeinde viel zu groß.“ Dekan Hertneck zufolge werden nach dem Gottesdienst weitere klärende Gespräche zwischen beiden Seiten folgen müssen. Es gebe noch kritische Fragen, die eventuell in Vieraugengesprächen angesprochen werden müssten. Wichtig sei es, eine „sorgsame und deeskalierende Sprache zu pflegen“.

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