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Frei-/Kirchen

Wissenschaftler: Kirchen verfehlen die Lebensrealität vieler Christen

05.07.2020

Der Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge der Universität Freiburg, Prof. Bernd Raffelhüschen. Foto: Universität Freiburg
Der Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge der Universität Freiburg, Prof. Bernd Raffelhüschen. Foto: Universität Freiburg

Berlin/Freiburg (idea) – Die Kirchen verfehlen die Lebensrealität vieler Christen in Deutschland. Diese Ansicht vertrat der Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge (FZG) der Universität Freiburg, Prof. Bernd Raffelhüschen, gegenüber „Bild am Sonntag“ (Ausgabe vom 5. Juli). Die Ursache dafür sei, dass die Kirchen sich „als soziopolitischer Kommentator für aktuelle Ereignisse in den USA und auf dem Mittelmeer“ verstehen würden, statt sich auf ihre theologischen Grundkompetenzen zu konzentrieren. Der Wissenschaftler äußerte sich in einem Artikel über die Ursache für die hohe Zahl von Kirchenaustritten. Das Forschungszentrum hatte im Mai 2019 eine Untersuchung veröffentlicht, wonach die Zahl der Mitglieder der beiden großen Kirchen in Deutschland bis 2060 um 49 Prozent auf dann 22,7 Millionen sinken wird. Damit würde nur noch rund ein Viertel der Bevölkerung der evangelischen oder der katholischen Kirche angehören. Das werde dazu führen, dass die Kirchen „marginalisiert“ (an den Rand gedrängt) und viel von ihrer heutigen Bedeutung in der Gesellschaft werden, so Raffelhüschen.

Theologieprofessorin: Kirche muss Pastoren vor Ort stärken

Die Theologieprofessorin Isolde Karle (Bochum) erklärte in dem Artikel, die meisten Menschen träten „mit Ende zwanzig, Anfang dreißig mit Blick auf die erste Lohnsteuerabrechnung“ aus der Kirche aus. Da sie nicht mehr „religiös sozialisiert seien“, sähen sie nicht ein, warum sie Kirchensteuer bezahlen sollten. Weiter sagte Karle, besonders für Menschen, die nur selten in die Kirche gingen, sei der Pastor eine zentrale Figur, da er „für sie den Glauben verkörpert“. Statt die Pastoren vor Ort zu stärken, setze die EKD aber auf „Spezialprojekte“ wie etwa eine „Kulturkirche“ oder Zentren für Predigtkultur und Kirchenmusik. Das „wirkt kaum“, so die Theologin. Außerdem sagte Karle, die Kirche müsse sich den Menschen auch dann zuwenden, „wenn es riskant wird“. So hätte sie in der Corona-Krise deutlicher darauf hinweisen müssen, „wie elementar es ist, die Sterbenden und Trauernden nicht allein zu lassen“.

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