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Ökumenischer Gottesdienst mit umstrittenem Imam

04.04.2020

Iman Andrea Reimann vom Deutschen Muslimischen Zentrum Berlin beim RBB-Gottesdienst am 29. März. Screenshot: RBB
Iman Andrea Reimann vom Deutschen Muslimischen Zentrum Berlin beim RBB-Gottesdienst am 29. März. Screenshot: RBB

Berlin/Frankfurt/Freiburg (idea) – In Berlin haben zwei umstrittene muslimische Vertreter an jeweils einem Gottesdienst mitgewirkt. Betroffen sind die ökumenischen Feiern am 22. und 29. März. Neben einem evangelischen und katholischen Geistlichen waren dabei jeweils auch ein muslimischer sowie jüdischer Vertreter beteiligt, die Gebete in Arabisch und Hebräisch vortrugen. Die Gottesdienste fanden aufgrund der Corona-Pandemie ohne Besucher statt und wurden vom Sender „rbb Fernsehen“ aus der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche bzw. der Gedenkkirche Maria Regina Martyrum übertragen. Am 29. März wirkten neben dem (katholischen) Erzbischof Heiner Koch und dem Landesbischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, auch die Rabbinerin Gesa Ederberg von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und Iman Andrea Reimann vom Deutschen Muslimischen Zentrum Berlin mit. Am 22. März waren als nichtchristliche Vertreter die Kantorin der Synagogengemeinde Berlin Sukkat Schalom, Esther Hirsch, und der Imam Taha Sabri von der Neuköllner Begegnungsstätte/Dar-as-Salam Moschee Berlin beteiligt. Wie der Sender auf seiner Internetseite dazu schrieb, möchten Gläubige in diesen schwierigen Zeiten „ein Zeichen der Solidarität und Hoffnung aussenden, auch wenn Kirchen, Moscheen und Synagogen nicht mehr für Gottesdienste geöffnet sind“.

Schröter: Sabri fiel durch Einladung von Salafisten und Dschihadisten auf

Wie die Islamwissenschaftlerin und Ethnologin Prof. Susanne Schröter (Frankfurt am Main) gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea sagte, bewegen sich sowohl Sabri als auch Reimann „im Umfeld von Organisationen und Akteuren, die der Muslimbruderschaft zugeordnet werden“. Sabri sei in der Vergangenheit zudem „durch das Einladen des salafistischen Hasspredigers Muhammad al-Arifi, des Terrorverteidigers Reed Fathi und des Dschihadisten Rede Seyram aufgefallen“. Reimann hingegen sei für die Islamische Föderation und den Zentralrat der Muslime Deutschlands (ZMD) in Erscheinung getreten. Der ZMD vereinige als Dachverband verschiedene Organisationen aus dem Umfeld der Muslimbruderschaft. „Die Islamische Föderation wird von der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs dominiert, die ideologisch gewissermaßen den türkischen Flügel der Muslimbruderschaft darstellt“, so Schröter. Auch die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW/Berlin) nannte die Neuköllner Begegnungsstätte/Dar-as-Salam Moschee 2017 in ihrem Materialdienst. So scheine sie bzw. Imam Sabri gute Beziehungen „zur Islamischen Gemeinschaft in Deutschland (IGD) zu unterhalten, die der Muslimbruderschaft zugerechnet wird“. Der Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi (Freiburg) hingegen sagte idea, Sabri leiste „inzwischen eine lobenswerte und konstruktive Arbeit in dem interreligiösen und interkulturellen Dialog“. In diesen schwierigen Zeiten, in denen Menschen seelische Unterstützung brauchten, könnten ökumenische und interreligiöse Gottesdienste zudem „überall in Deutschland angeboten werden“.

Landeskirche: Es gab und gibt keine „Nähe zur Muslimbruderschaft“

Von idea auf die Aussagen Schröters hingewiesen verwies die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit der Landeskirche, Amet Bick (Berlin), auf eine langjährige, vertrauensvolle und offene Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Muslimischen Zentrum (DMZ) und Reimann, so etwa beim Projekt des „Drei-Religionen-Kindergartens“. Dieses wiederum „hätte keine Mittel des Landes Berlin zur Finanzierung erhalten, wenn der Verfassungsschutz Bedenken geäußert hätte“. Der Zentralrat der Muslime spreche sich zudem „selbst klar gegen die Ideologie der Muslimbruderschaft aus“ und sei „ein wertgeschätzter Partner in vielen Projekten demokratischer Kultur“. Die Neuköllner Begegnungsstätte war laut Bick niemals Mitglied bei der Deutschen Muslimischen Gemeinschaft (DMG). „Es gab nicht und gibt keine finanziellen und personellen Verbindungen zwischen den leitenden Personen der NBS und der DMG und damit ‚eine Nähe zur Muslimbruderschaft’“. Insgesamt erlebten die Veranstalter großen Zuspruch für diese Gottesdienste. Gerade in Zeiten der Coronakrise, wo alle von Sorgen und Ängsten betroffen seien und versuchten diese gemeinsam zu bewältigen, ist es laut Bick „ein ermutigendes und stärkendes Signal, wenn die Religionsgemeinschaften zusammenstehen“.

Erzbistum: „Die Gott-Gläubigen sind sich ausnahmsweise mal einig“

Der Pressesprecher des Erzbistums Berlin, Stefan Förner, erklärte, dass Sabri und Reimann „weder leichtfertig oder gar gedankenlos eingeladen“, noch selbst unreflektiert der Einladung gefolgt seien. Denn so, wie es für Christen eine Zumutung seine könne, wenn Vertreter aus Islam und Judentum an „ihrem“ Gottesdienst mitwirken, sei es umgekehrt auch für sie keineswegs unproblematisch, sich an einem christlichen Gottesdienst zu beteiligen. Beide hätten zudem „den Gottesdienst in keiner Weise für eine politische oder religionspolitische Äußerung missbraucht, sondern lediglich ein Gebet gesprochen“. Wie Förner weiter sagte, richtet sich der Sonntagsgottesdienst im rbb „nicht in erster Linie an unsere ‚Getreuen’“, sondern sei vielmehr ein bewusst lokales Angebot für Menschen in Berlin und Brandenburg, die sich zu einem großen Teil nicht zu einer Religionsgemeinschaft oder Kirche bekennen würden. „Wenn dort die Botschaft ankam: Die Gott-Gläubigen sind sich ausnahmsweise mal einig, sie finden Trost und Hoffnung in ihrem Glauben, sie engagieren sich aus ihren Glaubensüberzeugungen heraus für die Gesellschaft und sie drohen uns nicht mit einer ‚Strafe Gottes’, dann ist mir das jede Anfrage wert“, so der Sprecher.

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