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Württembergische Pietisten: Wir werden weiter gebraucht

17.06.2022

Pfarrer Friedemann Kuttler bei seiner Predigt in der Stuttgarter Stiftskirche. Foto: IDEA/ Daniel Scholaster
Pfarrer Friedemann Kuttler bei seiner Predigt in der Stuttgarter Stiftskirche. Foto: IDEA/ Daniel Scholaster

Stuttgart (IDEA) – Die ChristusBewegung Lebendige Gemeinde in Württemberg wird weiterhin gebraucht. Das sagte der Vorsitzende der ChristusBewegung, Pfarrer Friedemann Kuttler (Großbottwar bei Ludwigsburg), am 16. Juni in der Stuttgarter Stiftskirche. Rund 250 Besucher feierten dort das 70-jährige Bestehen der Vereinigung. Kuttler: „Bei einer Hoffnungsbewegung, die ganz von Jesus durchdrungen ist, gibt es kein Verfallsdatum. Nein, es braucht uns als ChristusBewegung noch, damit Menschen im Glauben gestärkt und zum Glauben eingeladen werden. Solange Jesus Christus das Zentrum unserer Arbeit und unseres Lebens ist, gibt es keinen Relevanzverlust.“

Die Väter des Pietismus wie Philipp Jacob Spener (1635–1705) und August Hermann Francke (1663–1727) hätten ihren Erben außerdem den Auftrag mitgegeben, sich der Not ihrer Mitmenschen anzunehmen. Das sei heute dringender denn je, so Kuttler weiter: „Wenn ich mich umschaue, sehe ich die Not dieser Welt: Menschen, die in Armut leben und keine wirtschaftliche Perspektive haben. Menschen, die einsam sind. Kinder, die verwahrlosen und auf sich allein gestellt sind.“

Jesus hätte vor dieser Not nicht die Augen verschlossen, so Kuttler. Deshalb solle es auch seine Nachfolger nicht kalt lassen, „dass Deutschland das Bordell Europas und Stuttgart ein Zentrum der Prostitution ist“. Die in der ChristusBewegung zusammengeschlossenen Mitglieder der Landeskirche und freien Werken könnten sich gegenseitig darin unterstützen, Menschen zu helfen und ihnen beizustehen, damit „ihre Not gelindert wird und sie durch uns erfahren, dass Jesus sie liebt“.

Zehn Zukunftsimpulse für die Landeskirche

Bei der Festveranstaltung wurden außerdem zehn „Zukunftsimpulse“ für eine Erneuerung der Kirche vorgestellt und den Besuchern mitgegeben. Sie können auch auf der Internetseite der ChristusBewegung heruntergeladen werden. Kuttler erklärte dazu: „Der Pietismus verstand sich schon immer als Impulsgeber für die Kirche. In dieser Tradition stehen auch unsere Zukunftsimpulse, die wir in einem längeren Prozess für die Jubiläumsfeier erarbeitet haben.“

Demnach brauche es beispielsweise mehr Ehrlichkeit im Blick auf den Zustand der Kirche. Ihre Gestalt als Volkskirche sei faktisch zu Ende. Stattdessen gelte es bewusst anzunehmen, dass die Kirche eine neue Rolle als Minderheit in einer nachchristlichen Gesellschaft habe. Genau deshalb seien unter anderem mehr Mut zum missionarischen Zeugnis, mehr diakonische Leidenschaft, neue Gemeindeformate und -gründungen und eine zeitgemäße Ausbildung des theologischen Nachwuchses nötig.

Absolventen nichtstaatlicher Hochschulen zum Pfarramt zulassen

Der Sprecher des Gesprächskreises „Lebendige Gemeinde“ in der Landessynode, Pfarrer Matthias Hanßmann (Vaihingen an der Enz), warb in diesem Zusammenhang dafür, nicht nur Absolventen von staatlichen und kirchlichen Hochschulen zum Pfarramt zuzulassen. Hier wünsche er sich von seiner Landeskirche mehr Offenheit. Es gebe in Deutschland inzwischen eine große Zahl staatlich anerkannter christlicher Hochschulen, an denen man Theologie studieren könne. Dass sie angesichts des absehbaren Pfarrermangels bisher nicht für das Vikariat in den Landeskirchen zugelassen seien, könne er nicht nachvollziehen, so Hanßmann.

July lobt Einsatz der Pietisten für Menschen in Not

Der württembergische Landesbischof Frank Otfried July (Stuttgart) hob das gute Verhältnis des Pietismus zur Landeskirche hervor. Beide Seiten könnten sich gegenseitig bereichern und auch korrigieren. Der Landesbischof lobte außerdem den Einsatz der württembergischen Pietisten für Menschen in Not. Es zeige, dass der Pietismus keinesfalls „weltfremd“ sei, sondern immmer auch das Wohl des Nächsten im Blick habe.

Die ChristusBewegung wurde 1952 als Evangelisch-Kirchliche Arbeitsgemeinschaft für biblisches Christentum gegründet und sieben Jahre später in Ludwig-Hofacker-Vereinigung umbenannt. Seit 2011 firmiert sie unter ihrem heutigen Namen. Die Vereinigung dient als Sammlungsbewegung des württembergischen Pietismus und gehörte 1971 zu den Gründungsorganisationen des theologisch konservativen Gesprächskreises „Lebendige Gemeinde“ in der Landessynode.

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