Bericht
Wohnungsbrand statt Weihnachtsgans
18.12.2021
Freiwillige Feuerwehrleute tragen am Gürtel einen Pieper. Schlägt der Alarm, heißt es: Sofort auf zum Einsatz – auch an Heiligabend und den Weihnachtsfeiertagen. Feuerwehrmann Tom Reher (56) hat das schon öfter erlebt. Er berichtet, welche Einsätze ihm besonders nahegingen. Aufgezeichnet von Lydia Schubert
Eine dampfende Gans mit Klößen und Rotkohl, Zeit mit der Familie und ein festlicher Gottesdienst – so stelle auch ich mir den perfekten Heiligabend vor. Doch als Feuerwehrmann weiß ich: Wenn ich gerade mit meiner Familie um den Gabentisch sitze und dann plötzlich der Melder schrillt, muss ich weg. Auch während des Weihnachtsgottesdienstes kann jederzeit ein Einsatz reinkommen. Natürlich stelle ich den Pieper in der Kirche auf Vibrationsalarm.
Von Autounfall bis Schneelawine
Zu unseren Weihnachtseinsätzen gehört viel mehr als ein Christbaumbrand. Auch zu Verkehrsunfällen, drohenden Dachlawinen oder umstürzenden Bäumen wurden wir bereits gerufen. Manchmal stellt sich die Situation vor Ort auch als Fehlalarm heraus – etwa wenn beunruhigte Nachbarn einen schrillenden Rauchmelder nennen.
Doch es gibt auch richtig ernste Fälle. In einem Jahr riss mich der Melder am 24. Dezember kurz nach Mitternacht aus dem Schlaf. „Großalarm: Explosion in Wohnhaus!“, hieß es. In solchen Momenten steigt der Adrenalinpegel. „Was erwartet uns? Hoffentlich kommen wir noch rechtzeitig und es wird niemand verletzt“, geht mir durch den Kopf. Als ich mit meinen Kollegen am Ort des Geschehens eintraf, brannte der Dachstuhl bereits lichterloh. Gottlob hatten sich die Bewohner rechtzeitig aus dem Haus retten können. Bis in den Vormittag hinein kämpften wir mit Strahlrohren, Drehleiter und 100 Freiwilligen gegen die Flammen. Erfolgreich.
Kameradschaft ist das A und O
Es gibt Einsätze, die einen noch lange beschäftigen. Einmal wurden wir an Heiligabend zu einem Brand in einem Zirkuslager gerufen. Für zwei Kinder kam die Hilfe zu spät. Auch bei Verkehrsunfällen kam es schon vor, dass wir den Betroffenen nicht mehr helfen konnten. Vor unseren Augen nahmen sie den letzten Atemzug. So etwas trifft einen auch nach vielen Dienstjahren immer noch schwer. Und selbst wir als Helfer wissen bei keinem Einsatz, ob wir lebend zurückkommen.
Neben der Unterstützung der Familie spielt darum auch der Zusammenhalt in der Kameradschaft eine große Rolle – sei es im Einsatz oder danach, um das Erlebte zu verarbeiten. Unsere gemeinsame Motivation, anderen zu helfen, verbindet uns mit allen Feuerwehrleuten auf der ganzen Welt. Bei uns in Glinde werden im Dezember gern Weihnachtsfeiern veranstaltet, wo auch die Ehepartner mit dabei sind. Und es gibt Kinderweihnachtsfeiern in der festlich geschmückten Feuerwehrwache. Solche Aktionen schweißen uns als Team noch mehr zusammen.
Glaube als Ermutigung und Stütze
Als evangelisch-lutherischer Christ ist mir mein Glaube eine große Stütze für den Dienst. Er hilft mir dabei, die schweren Erlebnisse zu verarbeiten und dankbar für die Gelegenheiten zu sein, wo ich helfen konnte. Mit anderen Haupt- und Ehrenamtlichen treffe ich mich regelmäßig in regionalen Gebetsgruppen der Christlichen Feuerwehrvereinigung. Das gemeinsame Gebet schenkt neuen Mut und die Gewissheit: Gott geht bei jedem Einsatz mit!
Über die Christliche Feuerwehrvereinigung
Die Christliche Feuerwehrvereinigung (CFV) wurde 2010 gegründet. Sie versteht sich als Netzwerk, das Feuerwehrleute im christlichen Glauben stärkt. Aktuell gehören dem überkonfessionellen Verband 125 Mitglieder aus ganz Deutschland an. Die CFV ist Herausgeber der Feuerwehrbibel „Voller Einsatz“. Sie enthält neben dem Neuen Testament und den Psalmen auch Erfahrungsberichte von Feuerwehrleuten. Die Ausgabe kann kostenlos bestellt werden unter: cfv-ev.de
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