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WEA: Russen nicht für Handeln der Regierung bestrafen

07.09.2022

Der Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz, Prof. Thomas Schirrmacher. Foto: Martin Warnecke/ WEA
Der Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz, Prof. Thomas Schirrmacher. Foto: Martin Warnecke/ WEA

Karlsruhe (IDEA) – Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) und die Weltweite Evangelische Allianz (WEA) lehnen den Angriffskrieg auf die Ukraine gemeinsam ab. Zugleich sind sie „der Meinung, dass rassistische Haltungen gegenüber jeder Bevölkerungsgruppe falsch sind, auch gegenüber Russen und russischsprachigen Menschen“. Das betonte der WEA-Generalsekretär, Prof. Thomas Schirrmacher (Bonn), am 5. September bei der 11. ÖRK-Vollversammlung in Karlsruhe.

„Kritisieren Sie die politische Führung Russlands für ihren Krieg, aber machen Sie keine unschuldigen Menschen dafür verantwortlich. Auch die meisten der jungen russischen Soldaten, die in diesem Krieg sterben, sind nur Opfer, denn sie haben sich den Krieg nicht ausgesucht. Unsere tiefe Solidarität mit dem leidenden ukrainischen Volk und den vielen Flüchtlingen rechtfertigt nicht eine neue Form des Rassismus.“

Auch in der Verurteilung des Krieges herrsche zwischen beiden Organisationen Einigkeit, wie Schirrmacher ferner sagte. Der Krieg sei immer „gegen Gottes Schalom“ (Frieden) gerichtet, auch wenn Gewalt zur Selbstverteidigung gerechtfertigt sein möge.

Nach Treffen mit dem Oberhaupt der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU), Metropolit Epiphanius (Kiew), sowie mit dem neuen Vorsitzenden der Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen der Russischen-Orthodoxen Kirche (ROK), Metropolit Antonius (Wolokolamsk), die beide an der Vollversammlung teilnahmen, äußerte sich Schirrmacher „zutiefst davon überzeugt, dass die Kirchen immer im Dialog bleiben müssen“.

Das gelte umso mehr in Krisenzeiten und wenn eine Kirche das Bedürfnis habe, einer anderen gegenüber ernste Bedenken zu äußern. Es sei wichtig, den Vertretern der ROK genau zuzuhören, die Übersetzungen der Medien doppelt zu prüfen und zwischen den Äußerungen einzelner Kirchenführer und den Positionen des Heiligen Synods (Kirchenleitung) der ROK zu unterscheiden.

Antisemitismus verurteilen

Schirrmacher sprach in seinem Grußwort auch über moderne Formen des Antisemitismus. Der Holocaust habe im Gegensatz zu anderen Völkermorden auf der – unbegründeten – Behauptung einer globalen jüdischen Verschwörung basiert. Diese Behauptung unterscheide den Antisemitismus auch heute noch von den meisten anderen Formen des Rassismus.

Die WEA kritisiere es deshalb, wenn Menschen Verschwörungstheorien über Israels „wahre“ Pläne äußerten und Israels Handeln mit seinem „jüdischen“ Charakter erklärten. „Israels Handlungen, einschließlich aller Menschenrechtsverletzungen, sollten wie die jedes anderen Staates beurteilt werden, aber nicht als Mittel, um Israel für alle Probleme im Nahen Osten oder sogar in der Welt verantwortlich zu machen und damit sein Existenzrecht in Frage zu stellen.“

Der Protest im Namen der Menschenrechte sollte unvoreingenommen sein und sich auf alles erstrecken, was man auch anderswo ablehnen würde – „einschließlich der Verurteilung von fünf Menschen in Gaza zum Tode vor zwei Tagen“, von denen einige wegen „Kollaboration mit Israel“ bestraft worden seien. Jede Lösung für das Heilige Land müsse einen direkten Dialog mit der israelischen Regierung beinhalten.

Er selbst habe den israelischen Präsidenten Isaac Herzog „als einen gut informierten und aufgeschlossenen Gesprächspartner erlebt, der Frieden und Gerechtigkeit für alle will und kritischen Stimmen zuhört“, so Schirrmacher. Die Vollversammlung mit mehr als 4.000 Teilnehmern aus rund 120 Ländern dauert noch bis zum 8. September. Im Weltkirchenrat sind 352 anglikanische, orthodoxe und protestantische Kirchen mit über 580 Millionen Mitgliedern zusammengeschlossen.

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