Frei-/Kirchen
Stuttgart: Mutmaßlicher Kirchenschänder verhaftet
06.12.2021
Stuttgart (IDEA) – Nach einer Kirchenschändung in Stuttgart hat die Polizei am darauffolgenden Tag den mutmaßlichen Täter verhaftet. Der 37-jährige Obdachlose soll in der Nacht zum 4. Dezember in die evangelische Johanneskirche am Feuersee eingebrochen sein und den Innenraum verwüstet haben.
Nach Angaben der Polizei schlug er vier Fensterscheiben des eingerüsteten Gotteshauses ein und gelangte so in das Gebäude. Er habe mehr als 20 Fenster mit teilweise hochwertiger Glasmalerei demoliert. Außerdem seien Schränke aufgebrochen, eine Schranktür von der Empore geworfen, Kirchenbänke aus der Verankerung gerissen, Regale umgestoßen und Bibeln umhergeworfen worden.
Außerdem sei der Inhalt eines Feuerlöschers versprüht worden. Nach einer ersten Einschätzung dürfte sich der entstandene Sachschaden auf mehrere Zehntausend Euro belaufen. Die Polizei teilte mit, dass der Tatverdächtige bereits am 5. Dezember festgenommen worden sei. Der polizeibekannte deutsche Staatsangehörige sei den Beamten demnach bei einer Überprüfung des Tatorts aufgefallen und von ihnen verhaftet worden.
Parallel laufende Ermittlungen der Bundespolizei hätten zudem ergeben, dass der Mann in der Tatnacht an einer nahegelegenen S-Bahn-Haltestelle randaliert habe. Außerdem stehe er im Verdacht, sich kurz vor Mitternacht an der S-Bahn-Haltestelle Hauptbahnhof vor einer in einer S-Bahn sitzenden Frau entblößt zu haben.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft werde er noch am 6. Dezember einem Haftrichter vorgeführt. Auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA teilte eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Stuttgart mit, dass die Behörden aktuell nicht von einem „religionsfeindlichen“ Hintergrund der Tat ausgingen.
Landesbischof: Verwüstung ist „widerwärtig“
Der württembergische Landesbischof Frank Otfried July (Stuttgart) äußerte sich entsetzt: „Die Verwüstung in der Johanneskirche in Stuttgart ist widerwärtig, die Zerstörung löst Verstörung aus. Mitten in der Adventszeit, in denen Menschen gerade in diesen Tagen der Pandemie und der Verunsicherung, nach Räumen der Orientierung, des Nachdenkens, des Trostes suchen, wird ihnen – zeitweise – ein solcher Ort genommen. In der Johanneskirche wird gebetet, gesungen, gehört, verkündigt, Gemeinschaft erlebt.“ Das werde auch weiterhin geschehen. Daran könne „ein solcher Akt exemplarischer Dummheit“ auch nichts ändern. „Ich fordere den oder die Täter auf: Kehrt um! Entschuldigt euch! Helft die Schäden zu beseitigen!“
Der Pfarrer der Johanneskirche, Christoph Dinkel, berichtete, dass der Gottesdienst vorerst in das Gemeindehaus verlegt worden sei. Auch die Gottesdienstbesucher hätten sich erschüttert gezeigt, dass „ihre“ Kirche einer solchen Zerstörungswut ausgesetzt gewesen sei.
Die Johanneskirche am Feuersee gilt als eine der schönsten Kirchen der baden-württembergischen Landeshauptstadt. Sie wird auch als „Notre-Dame von Stuttgart“ bezeichnet. Die Kirche wurde Mitte des 19. Jahrhunderts nach dem Vorbild der großen europäischen Kathedralen im neugotischen Stil erbaut.
Markant: Dem Kirchturm fehlt die Spitze. Turm und Kirche wurden im Zweiten Weltkrieg durch Bombenangriffe zerstört. Der Turm wurde nur zum Teil wieder aufgebaut. Viele Stuttgarter betrachten die Kirche als Mahnmal gegen den Krieg. Seit April wird sie saniert.
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