Frei-/Kirchen
Sachsen: Ukrainischer Pastor angegriffen
07.04.2022
Bautzen (IDEA) – Im sächsischen Bautzen (Oberlausitz) ist der ukrainische Pastor Sergej Kosiak von einem mutmaßlich russischen Staatsangehörigen angegriffen worden. Wie die Polizeidirektion Görlitz auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA mitteilte, ereignete sich der Vorfall bereits am 2. April.
Der Angreifer sei an einer auf Rot stehenden Ampel aus seinem Auto ausgestiegen und mit einem Radmutterschlüssel auf den 46-jährigen Pastor im Wagen hinter sich losgegangen. Bei dem Tatverdächtigen handele es sich nach ersten Erkenntnissen um einen 69-jährigen russischen Staatsangehörigen. Seine Beweggründe für den Angriff gelte es nun zu ermitteln. Verletzt worden sei bei dem Vorfall offenbar niemand, so die Polizei.
Pastor Kosiak hatte den Angriff mit der Dashcam in seinem Auto gefilmt und es bei Facebook und YouTube hochgeladen. In dem Video ist erkennbar, dass Kosiak sich verteidigt und den Angreifer in sein Auto zurückdrängt. Zudem ist zu sehen, dass vier Personen hinzueilen, um die Streitenden zu trennen.
Den Angaben zufolge hat die Kriminalpolizei Ermittlungen wegen „versuchter gefährlicher Körperverletzung sowie Bedrohung“ aufgenommen. Die vier Streitschlichter – eine Frau und drei Männer – werden gebeten, sich bei der Polizei zu melden.
17 Jahre lang Pastor in der Ukraine
Der Pastor bringt den Vorfall in Zusammenhang mit seinem Einsatz für ukrainische Flüchtlinge in Bautzen. Auf Facebook schreibt er: „In der Stadt bin ich bekannt als Person, die Flüchtlingen aus der Ukraine hilft, auf meinem Auto ist eine ukrainische Flagge.“
Kosiak besucht die freie evangelische Josua Gemeinde in Bautzen und macht hier aktuell seinen Bundesfreiwilligendienst. Gemeinsam mit der Gemeinde organisiert er Hilfe für seine ukrainischen Landsleute. Wie die Gemeinde auf ihrer Internetseite mitteilt, hat Kosiak 17 Jahre lang in Donezk freie evangelische Gemeinden betreut. Als 2014 russische Soldaten in der Ostukraine auftauchten, habe er einen Weg entwickelt, wie Menschen aus den Gebieten sicher fliehen konnten. Mit derselben Strategie könne er nun vielen Kriegsflüchtlingen den Weg nach Rumänien, Polen und Deutschland ermöglichen.
Josua Gemeinde: Ein „Z“ an die Grundstücksmauer geschmiert
Wie der Pastor der Josua Gemeinde, Clemens Mudrich, IDEA sagte, wurde auch die Gemeinde Ziel von unbekannten Tätern. Sie hätten einen „Refugees not welcome“-Aufkleber (Flüchtlinge nicht willkommen) auf dem Schaukasten am Eingang des Gemeindegrundstücks angebracht und darunter mit schwarzer Farbe ein „Z“ auf die Grundstücksmauer geschmiert. Das „Z“ wird von Anhängern des russischen Präsidenten Wladimir Putin verwendet.
Laut Mudrich setzt sich die Gemeinde seit Kriegsbeginn für ukrainische Flüchtlinge ein. Bereits am 3. März sei ein erster Bus mit 50 Flüchtlingen in der Gemeinde angekommen. Inzwischen habe es etwa 20 weitere Busfahrten mit jeweils rund 50 Flüchtlingen gegeben. Zudem stünden zeitweise täglich noch einmal rund 30 Flüchtlinge vor der Gemeinde, die mit eigenem Autos oder dem Zug anreisten.
Die Gemeinde arbeite mit einer evangelischen Gemeinde in Lwiw (Lemberg) zusammen, die sich in den letzten Wochen zu einer Drehscheibe für Flüchtlinge entwickelt habe. Laut Mudrich wurden inzwischen über 1.000 Menschen in die Landkreise Bautzen und Görlitz geholt. Um sie kümmerten sich über 130 Gastgeberfamilien. Aktuell nehme die Gemeinde keine Busse mehr an, da die Registrierung „so schleppend“ verlaufe und es an weiteren Gastgebern fehle: „Wir versuchen, sie in andere Regionen in Deutschland zu schicken, wo andere Gemeinden eine ähnliche Arbeit machen wie wir.“
Die Josua Gemeinde gehört zum Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP). Sie hat rund 65 Mitglieder und zählt etwa 300 Gottesdienstbesucher. Die Gottesdienste werden derzeit simultan ins Russische übersetzt.
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