Frei-/Kirchen
Prof. Herbst: „Wir haben das Vertrauen vieler Menschen verspielt“
25.08.2022
Leipzig (IDEA) – Eine zunehmend „feindliche Haltung gegenüber dem Christentum“ beobachtet der emeritierte Theologieprofessor Michael Herbst (Greifswald). Bei der Willow-Creek-Leitungskonferenz am 25. August in Leipzig sagte Herbst, viele Menschen trauten den Christen nicht mehr über den Weg: „Wir haben das Vertrauen vieler Menschen verspielt.“ So hätten sich „angebliche Männer Gottes“ an Kindern schuldig gemacht. Diese Verbrechen seien „Gotteslästerung“ und würden der ganzen Christenheit angelastet. Der Philosoph Peter Sloterdijk bezeichne das Christentum als ein „gescheitertes Projekt“.
Der Verlust des Glaubens „knabbert“ an Theologen
Nach Worten von Herbst „knabbert“ der Verlust des Glaubens auch an Theologen und Kirchenführern. Er beobachte in seiner Landeskirche eine „tiefe Verzagtheit“, absichtsvoll von Jesus Christus zu sprechen. Missionieren wolle man auf gar keinen Fall. Die Freiheit und der Mut, von Christus zu sprechen, seien abhandengekommen. Dies habe sich auch in der Corona-Pandemie gezeigt. Frühere Generationen hätten in einer Seuche eine „Heimsuchung Gottes“ gesehen und zu Buße und Gebet aufgerufen.
Heute verweise die Kirche lediglich auf die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. In der Corona-Pandemie seien Baumärkte wichtiger als Gottesdienste gewesen.
4.700 Teilnehmer in Leipzig und an acht Übertragungsorten
Herbst zufolge wirken viele christliche Gemeinden „ausgelaugt und erschöpft“. Das Christentum in Deutschland schrumpfe, und eine Umkehr sei nicht in Sicht. Normal sei es heute, keiner Kirche anzugehören. Herbst: „Bald spielen wir in einer Liga mit denen, die an Wotan und Odin glauben.“ Das sind die Namen germanischer Gottheiten.
Herbst rief dazu auf, eine „Apostelgeschichte 2“-Gemeinde zu werden. Eine solche „Kirche der Minderheit“ sei eine ehrliche und aktive Kirche. Sie resigniere nicht, sondern bete, suche nach Versöhnung und lerne zu lieben. Zudem sollten Christen das Anderssein des anderen ertragen und sich nicht teilen lassen. Hoffnung bereite ihm die junge Generation von Theologiestudenten sowie die Ehrenamtlichen. Sie würden „ausgetretene Pfade verlassen“.
An dem Kongress nehmen 3.700 Christen in der Leipziger Messe sowie weitere 1.000 an acht Übertragungsorten teil. Aufgrund der Corona-Pandemie war der Kongress vom Februar auf den August verschoben worden. Im Februar 2020 war der Willow-Creek-Leitungskongress in Karlsruhe mit 10.000 Teilnehmern wegen der Ansteckungsgefahr abgebrochen worden. Etwa 60 Prozent der jetzigen Teilnehmer sind freikirchlich, 31 Prozent evangelisch-landeskirchlich und drei Prozent katholisch. Vorsitzender von Willow Creek Deutschland ist Pastor Ulrich Eggers (Cuxhaven).
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