Ressorts
icon-logo

Frei-/Kirchen

Evangelischer Pfarrer fordert Beratungsstellen für Suizidwillige

09.10.2021

Seit Monaten hält die Debatte um die Sterbehilfe in Deutschland an. Symbolfoto: pixabay.com
Seit Monaten hält die Debatte um die Sterbehilfe in Deutschland an. Symbolfoto: pixabay.com

München (IDEA) – Kirche und Diakonie sollten ein Netz von Beratungsstellen für Suizidwillige aufbauen. Dies hat der Leiter der Abteilung Gesundheit und Sozialpsychiatrie der Diakonie München und Oberbayern, Pfarrer Michael Frieß (München), gefordert. In einem Beitrag für das „Korrespondenzblatt des Pfarrvereins der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern“ sprach er sich außerdem dafür aus, die Beihilfe zur Selbsttötung in kirchlich-diakonischen Einrichtungen zuzulassen.

Hintergrund: Das Bundesverfassungsgericht hatte das 2015 eingeführte Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe gekippt und zur Begründung erklärt, die Verfassung garantiere ein umfassendes Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Damit sei die Freiheit eingeschlossen, die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen.

Unter evangelischen Theologen gehen die Meinungen darüber auseinander, ob ein assistierter Suizid auch in kirchlich-diakonischen Einrichtungen ermöglicht werden soll.

In verschiedenen Gesetzentwürfen für die Neuregelung der Sterbehilfe ist vorgesehen, dass eine Beratung von Suizidwilligen durch eine unabhängige staatliche Stelle Voraussetzung für einen assistierten Suizid sein soll. Dabei soll über Handlungsalternativen und die Möglichkeiten der palliativen Medizin aufgeklärt werden.

„Wir als Diakonie und Kirche müssen solche Beratungsstellen aufbauen. Sie sind lebenserhaltende Maßnahmen“, schrieb Frieß in seinem Beitrag. Die Erfahrungen in der Schweiz hätten gezeigt, dass die meisten Menschen, die nach einem Gespräch mit einem Arzt das „Rezept“ für einen assistierten Suizid bekämen, diese Möglichkeit nicht wahrnehmen. Es helfe ihnen offenbar, das Leben weiter zu ertragen, wenn sie einen Ausweg für den Fall sähen, „wenn man es nicht mehr aushält“.

Beim Suizid im Zimmer bleiben

Weiter erklärte der Theologe, die Diakonie stehe für das Leben ein. Kirche und Diakonie müssten jedoch auf gesellschaftliche Entwicklungen reagieren. „Wir können das Leben des anderen nicht selbst leben und müssen manches zulassen, auch wenn wir für uns selbst anders entscheiden würden“, so Frieß.

Niemals dürften Mitarbeiter von Diakonie und Kirche die Aufgaben aktiver Sterbehelfer übernehmen und „das tödliche Medikament vorbereiten und ans Bett bringen“.

In manchen Fällen könne es aber sein, „dass wir den Kontakt zu einer Sterbehilfe-Organisation herstellen oder beim Suizid im Zimmer bleiben, um den Menschen bis zum letzten wachen Moment zu begleiten.“

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

IDEA liefert Ihnen aktuelle Informationen und Meinungen aus der christlichen Welt. Mit einer Spende unterstützen Sie unsere Redakteure und unabhängigen Journalismus. Vielen Dank. 

Jetzt spenden.

4 Wochen IDEA Digital 8,50 Euro 1,00 Euro

Entdecken auch Sie das digitale Abo mit Zugang zu allen Artikeln auf idea.de