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Kasachstan: Gottesdienste sind verboten

07.01.2022

Demonstranten auf dem zentralen Platz der Stadt Aktobe. Foto: Wiki Commons
Demonstranten auf dem zentralen Platz der Stadt Aktobe. Foto: Wiki Commons

Rostock/Nur-Sultan (IDEA) – In Kasachstan sind alle Gottesdienste bis zum 19. Januar verboten. Das berichtet die mecklenburgische Ökumenepastorin Melanie Dango (Rostock) unter Berufung auf Erzbischof Jurij Novgorodov (Nur-Sultan/früher Astana) von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Republik Kasachstan.

In dem zentralasiatischen Land herrscht Ausnahmezustand, nachdem es zum Jahreswechsel zunächst wegen erhöhter Treibstoffpreise zu gewaltsamen Protesten gekommen war. Im Zuge der Unruhen trat die Regierung zurück. Präsident Kassym-Schomart Tokajew rief die Bürger zur Mäßigung auf. Zugleich bat er ein von Russland geführtes Militärbündnis um Unterstützung.

Inzwischen erteilte er einen Schießbefehl gegen Demonstranten, um die Unruhen zu beenden. Mittlerweile sind auch russische Fallschirmjäger in Kasachstan gelandet. Sie verstehen sich als Friedenstruppen. Es gab bereits viele Tote und Verletzte, besonders in der mit 1,9 Millionen Einwohner größten Stadt des Landes Almaty.

Nach den Worten des Erzbischofs ist das Gottesdienstverbot für die Orthodoxe Kirche besonders bitter, „weil sie am 6. und 7. Januar Weihnachten feiert“. Novgorodov rief dazu auf, für eine friedliche Lösung des Konfliktes in dem Land zu beten. Zur lutherischen Kirche in Kasachstan gehören 80 Gemeinden mit rund 5.000 Mitgliedern.

Jurij Novgorodov ist Erzbischof von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Republik Kasachstan. Foto: Wikki Commons

Unruhen kamen nicht überraschend

Wie die mecklenburgische Ökumenepastorin mitteilte, kamen die Proteste nicht überraschend: „Die Menschen sind schon seit vielen Jahren unzufrieden mit einem vielfach korrupten System, das die Machteliten rund um den ehemaligen Präsidenten Nursultan Nasarbajew bevorteilte, der letztlich auch nach seinem Rücktritt 2019 noch immer alle Fäden in der Hand behielt.“ Der große Reichtum an Rohstoffen des Landes komme bei vielen Menschen nicht an..

Kirchliche Partnerschaft seit den 1970er Jahren

Die Partnerschaft mit dem Lutheranern in Kasachstan ist die älteste der kirchlichen Partnerschaften in Mecklenburg. Sie reicht in die 1970er-Jahre zurück. Der damalige Landesbischof Heinrich Rathke – er bekleidete das Amt von 1971 bis 1984 – war bei einem Ökumenetreffen nach Kasachstan eingeladen worden und hatte beim Aufbau der kirchlichen Strukturen geholfen. Seit 2010 unterstützt der Kirchenkreis Mecklenburg der Nordkirche den Jugendaustausch mit Kasachstan und fördert dort die kirchliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.

Auch beim Bau der ersten lutherischen Kirche in der Hauptstadt Nur-Sultan, die 2017 eingeweiht wurde, halfen Lutheraner aus Mecklenburg finanziell. Von den 18,7 Millionen Einwohnern Kasachstans sind rund 70 Prozent Muslime und rund 26 Prozent Christen, die meisten davon russisch-orthodox. Mitglieder protestantischer Kirchen werden nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen häufig als Angehörige einer fremdartigen Sekte betrachtet, die die Regierung stürzen will.

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