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Gender-Leitfaden bei Audi: Diese Sprache diskriminiert Menschen

02.08.2022

Der VW-Mitarbeiter Alexander B.. Foto: picture alliance/dpa | Fabian Strauch
Der VW-Mitarbeiter Alexander B.. Foto: picture alliance/dpa | Fabian Strauch

Ingolstadt (IDEA) – Der VW-Mitarbeiter Alexander B. hat sich im Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA gegen eine Verwendung der Gendersprache gewandt.

Hintergrund: Der promovierte Chemiker, der als VW-Fachreferent im technischen Bereich mit Kollegen bei der VW-Tochter Audi zusammenarbeitet, hatte Audi wegen eines dort gültigen Gender-Leitfadens verklagt. Audi solle ihm keine Mails, Mailanhänge und Präsentationen mit den sogenannten Gender-Gaps („Audianer_innen“) zuschicken. Das Landgericht Ingolstadt wies die Klage ab. Laut der Entscheidung der Zivilkammer gibt es keinen Unterlassungsanspruch des Klägers. Der Kläger sei zur aktiven Nutzung der Regelungen des Leitfadens nicht verpflichtet, weil sich dieser nur an Audi-Mitarbeiter richte.

Der_die BsM-Expert_in ist qualifizierte_r Fachexpert_in

Wie Alexander B. im Interview mit IDEA sagte, empfindet er die im Leitfaden festgelegte Sprache als diskriminierend und teilweise als beleidigend: „Sie ist in meinen Augen weder gerecht noch gendersensibel.“ Ein Beispiel für die von Audi in Dokumenten jetzt verwendete Sprache seien die folgenden Sätze: „Der_die BsM-Expert_in ist qualifizierte_r Fachexpert_in für die jeweilige BsM-Art und kennt die funktionalen und technischen Zusammenhänge im Fahrzeug. Der_die BsM-Expert_in hat folgende Aufgaben: Unterstützt bei der Bewertung der BsM-Relevanz (veranlasst durch den_die verantwortliche_n Spezifikateur_in, Modulverantwortliche_n, QLAH-Autor_in) ...“

Dazu Alexander B.: „Mir schwirrt vor lauter Unterstrichen und ,innen‘-Formen der Kopf. Durch solche Texte wird eine Übersexualisierung erzeugt, man kann sich nicht mehr auf den eigentlichen Inhalt des Dokuments konzentrieren.“

Alexander B.: „Ein Mann ist kein ,Expert‘, sondern ein ,Experte‘.“

Zudem stolpere er über die Formulierung „Expert_in“. Da werde, wie bei vielen anderen gegenderten Formen auch, eine Endung gekappt: „Das Wort ,Expert‘ gibt es nicht! Ein Mann ist kein ,Expert‘, sondern ein ,Experte‘. Da finde ich mich nicht mehr wieder.“ Bei Audi solle jede Berufs- oder Funktionsbezeichnung, die auf „er“ ende, wie z.B. Mitarbeiter, gegendert werden, aber ein Wort wie „DIE Fachkraft“ werde nicht gegendert, sondern als geschlechterneutrale Bezeichnung definiert, so Alexander B.: „Wie passt das zusammen?“

Durch die Gendersprache würden in der gesamten Gesellschaft Menschen diskriminiert oder benachteiligt. Das gelte etwa für Menschen, die keine Muttersprachler seien, oder auch Menschen mit Handicaps, die auf eine einfache Sprache angewiesen seien.

Alexander B.: Was die Kirche tun sollte

Wie Alexander B. IDEA berichtete, ist er Mitglied einer evangelischen Gemeinde in Norddeutschland. Dort habe er sich für Sensibilisierungen bei der Gendersprache eingesetzt: „Wir verzichten auf Gender-Sonderzeichen in internen und externen Mitteilungen. Stattdessen suchen wir nach möglichst neutralen Formulierungen. Wir nutzen beispielsweise das Wort Konfirmandenunterricht nicht, sondern sprechen vom Konfirmationsunterricht – das passt aus meiner Sicht gut, da wir ja auch vom Schulunterricht sprechen und nicht vom Schülerunterricht.“

Ihn habe auch gefreut, dass die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig das MitarbeiterInnen-Kolleg in Ehrenamtskolleg umbenannt habe. Dafür habe ich mich bei den Verantwortlichen bedankt. Den EKD-Leitfaden für gendergerechte Sprache „Sie ist unser bester Mann“ sehe er an manchen Punkten kritisch. Er habe vor knapp zwei Jahren auch im Gespräch mit einer Vertreterin des Referates für Chancengerechtigkeit der EKD gesagt, dass er als Mann die abgehackten männlichen Bezeichnungen als diskriminierend empfinde, z.B. bei „Kolleg*innen“: „Einen ,Kolleg‘ gibt es nicht, und ,das Kolleg‘ ist eine Lehranstalt, also ein Gebäude.“

Grundsätzlich könne man die evangelischen Landeskirchen nur immer wieder daran erinnern, dass am Anfang der evangelischen Kirche der Reformator Martin Luther gestanden habe, der dem Volk „aufs Maul“ geschaut habe: „Es ging Luther nie darum, das Volk mit einer Sprache zu bedrängen, die nicht die Sprache des Volkes war und die das Volk nicht wollte. Die Kirche täte gut daran, sich daran zu erinnern. Sie sollte mehr auf ihre Mitglieder hören und keine mit Ideologie aufgeladene Sprache nutzen.“

Das gesamte Interview können Sie hier nachlesen.

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