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Erdbeben: „In manchen Straßenzügen steht kein Haus mehr“

08.02.2023

Nach den schweren Erdbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion am 6. Februar kommen viele Überlebende - wie hier in der türkischen Stadt Malatya - zunächst in Zelten unter. Foto: Susanne Geske
Nach den schweren Erdbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion am 6. Februar kommen viele Überlebende - wie hier in der türkischen Stadt Malatya - zunächst in Zelten unter. Foto: Susanne Geske

Malatya/Afrin (IDEA) – Nach den schweren Erdbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion am 6. Februar steigen die offiziell gemeldeten Opferzahlen weiter an. Inzwischen wurden laut Medienberichten bereits mehr als 11.000 Tote in beiden Ländern gezählt. Schätzungen gehen darüber hinaus von mehr als 40.000 Verletzten aus.

Zahlreiche Hilfsorganisationen unterstützen die Menschen in der Region. Auch die evangelikale Christin Susanne Geske hilft vor Ort. Wie sie der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA sagte, ist sie selbst in ihrem Haus in Malatya von den Erdbeben überrascht worden und habe sich in Sicherheit bringen müssen. Gemeinsam mit einer Freundin habe sie dann Schutz unter einem Zelt gesucht.

Die Folgen der Erschütterungen seien verheerend: „In manchen Straßenzügen steht kein Haus mehr.“ Jeden Tag würden weitere Leichen geborgen. Hilfe komme erst langsam in Malatya an, weil in der Region momentan ein Treibstoffmangel herrsche. Gemeinsam mit einem Teil ihrer Kinder und weiteren Christen versuche sie, die Not der Menschen zu lindern, indem sie Hilfsgüter transportiere. Geskes Ehemann, der evangelikale Theologe Tilman Geske war 2007 gemeinsam mit zwei türkischen Christen von muslimischen Extremisten ermordet worden. Susanne Geske hatte den Tätern vergeben und war mit ihren Kindern in der Türkei geblieben.

Diakonie Katastrophenhilfe verteilt Winterkleidung

Die Diakonie Katastrophenhilfe lässt über ihre Partnerorganisationen in der Türkei und Syrien Winterkleidung und Trinkwasser an Betroffene verteilen. Die Präsidentin des Werks, Dagmar Pruin (Berlin), wies auf die winterlichen Temperaturen vor Ort hin. Bereits wenige Stunden nach den Erdbeben hätten Partnerorganisationen der Diakonie Katastrophenhilfe in Syrien 3.000 Winterjacken, Schals und Mützen vor allem an Kinder verteilt. In den kommenden Stunden erhalten Menschen in Sammelunterkünften außerdem 1.000 Matratzen und Decken.

Bereits vor der Naturkatastrophe waren in der Region Millionen Menschen von humanitärer Hilfe abhängig. Dort leben jetzt viele Binnenvertriebene, die vor dem Bürgerkrieg geflohen sind. Eine Cholera-Epidemie, die im August 2022 ausgebrochen ist, gefährdet sie zusätzlich. Es sei daher wichtig, neben Nahrungsmitteln und warmer Kleidung auch Hygieneartikel und sauberes Trinkwasser zu verteilen, um eine Ausbreitung zu verhindern, so Pruin.

„Samaritan‘s Purse“ schickt ein Notfallkrankenhaus in die Türkei

Auch die christliche Hilfsorganisation „Samaritan‘s Purse – Die Barmherzigen Samariter“ hat Spezialisten für die Katastrophenhilfe mobilisiert und damit begonnen, Hilfsgüter für den schnellen Einsatz bereitzustellen. Aktuell bereitet sich die Organisation darauf vor, etwa 75 Katastrophenhelfer und ein Notfall-Feldkrankenhaus – ausgestattet mit 52 Patientenbetten, einer Apotheke und zwei Operationssälen – in die Türkei zu entsenden.

Darüber hinaus werden dringend benötigte Hilfsgüter wie Hygieneartikel und Planen ins Land gebracht. „Unser Wunsch ist es, Menschenleben zu retten und ihnen in ihrer Verzweiflung die Hoffnung nahezubringen, die wir durch unseren Glauben an Jesus Christus haben“, sagte der Vorstand des Werks im deutschsprachigen Raum, Sylke Busenbender (Berlin).

Afrin: Es droht ein Bruch des Staudamms

Den Menschen im von türkischen Truppen besetzten Nordwesten Syriens droht mittlerweile eine weitere Gefahr. „Der Staudamm bei Afrin wurde bereits vor fünf Jahren durch türkische Luftangriffe während der völkerrechtswidrigen Invasion in die kurdische Region beschädigt“, berichtete der Nahostexperte der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Kamal Sido (Göttingen). Das Erdbeben habe nun weitere Risse verursacht. „Die Menschen in der türkisch besetzten Region sind in großer Sorge, dass der Damm durch weitere Nachbeben oder Regenfälle brechen könnte.“

Der GfbV lägen bereits Aufnahmen vor, auf denen die Schäden deutlich zu sehen seien. Experten in Afrin, die anonym bleiben wollten, bestätigten die Gefährlichkeit der Risse. „Nach der Besatzung durch die Türkei im März 2018 haben türkische Militärs und syrische Islamisten die Anlagen am Staudamm geplündert und viel Metall als Schrott verkauft. Die für Wartungsarbeiten zuständigen Ingenieure wurden entweder getötet oder mussten fliehen. Deshalb werden die neuen Schäden nicht einmal notdürftig repariert“, so Sido. Sollte der Staudamm bersten, wären Hunderttausende Menschen in Afrin und der türkischen Provinz Hatay bedroht.

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