Frei-/Kirchen
EKM entschädigt Opfer kirchlichen Handelns in der SED-Diktatur
10.06.2022
Erfurt/Magdeburg (IDEA) – Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) hat bislang mit vier Opfern kirchenleitenden Handelns während der SED-Diktatur eine finanzielle Anerkennungsvereinbarung getroffen. Das teilte der für die Seelsorge für Diktaturopfer zuständige Pfarrer Christian Dietrich (Erfurt) der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA auf Anfrage mit.
Das Anerkennungsverfahren hatte der Landeskirchenrat vor etwa einem Jahr für Personen initiiert, die aus politischen Gründen drangsaliert und in ihren Kirchen disziplinarisch belangt oder die durch Verrat aus kirchlichen Kreisen inhaftiert, gedemütigt, traumatisiert oder zur Ausreise gedrängt wurden.
Eine öffentliche Anerkennung hat es Dietrich zufolge noch nicht gegeben: Das sei in den abgeschlossenen Verfahren von den Betroffenen nicht erwartet worden. Aktuell laufen laut Dietrich sieben weitere Anerkennungsverfahren.
Es gab kirchliche Entscheidungen, die die Stasi beeinflusst hat
Laut der EKM können mögliche Formen der Anerkennung die formale Feststellung des Unrechts, eine einmalige Anerkennungsleistung bzw. eine öffentliche Würdigung sein. Der Haushaltsplan sieht ein Budget von 500.000 Euro vor. Auskünfte über die jeweilige Höhe der Entschädigung gab die EKM nicht.
Oberkirchenrat Christian Fuhrmann (Erfurt) erklärte im vergangenen Jahr, dass die Kirchen während der SED-Diktatur einer staatlichen Vereinnahmung widerstanden hätten, aber nicht immer sei das kirchenleitende Handeln unabhängig von staatlichen Einflüssen und politischen Rücksichtnahmen gewesen.
„Es gab Entscheidungen, die durch staatliche Stellen, unter anderem durch die Staatssicherheit, beeinflusst waren“, so Fuhrmann. Davon betroffen gewesen seien haupt- oder ehrenamtliche Mitarbeiter, die in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen sowie der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen tätig waren. Beide Kirchen haben sich 2009 zur EKM vereinigt.
Anträge noch bis Ende April 2023 möglich
Als Ombudsperson – zur Unterstützung der Antragsteller – wurde die ehemalige Landesbeauftragte des Freistaates Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR, Hildigund Neubert (Erfurt), beauftragt. Laut Dietrich haben sich bislang weniger als 40 Personen mit einem persönlichen Anliegen an die Ombudsfrau oder den Anerkennungsausschuss gewandt.
Bei den Antragstellern handle es sich unter anderen um Bürger, denen in existenziellen Notlagen, die vom SED-Staat verursacht wurden, eine mögliche Unterstützung durch kirchliche Mitarbeiter verweigert wurde oder die aufgrund politischer Verfolgung die DDR verlassen haben und denen ein Neubeginn in der Bundesrepublik durch den Entzug kirchlicher Rechte erschwert wurde.
Andere hätten keine Anstellung in der Kirche erhalten. Dem Pfarrer zufolge haben sich auch Personen gemeldet, die während ihrer Haft oder der politischen Verfolgung von kirchlichen Mitarbeitern Hilfe und Unterstützung erfahren haben. Sie hätten darum gebeten, dies nicht zu vergessen. Noch bis zum 30. April 2023 können Betroffene Anträge stellen.
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