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„Die Zukunft des deutschen Protestantismus liegt im Osten“

22.08.2022

Der evangelische Pfarrer Justus Geilhufe. Screenshot: YouTube/ Justus Geilhufe
Der evangelische Pfarrer Justus Geilhufe. Screenshot: YouTube/ Justus Geilhufe

Berlin/Freiberg (IDEA) – „Die Zukunft des deutschen Protestantismus liegt im Osten, und sie liegt auf dem Land.“ Davon ist der evangelische Pfarrer Justus Geilhufe (Freiberg/Sachsen) überzeugt, wie er in einem Beitrag für „Die Welt“ schreibt.

Im Osten sei bereits Realität, was dem Westen bevorstehe: „Niemand erwartet von der Kirche etwas, schon gar keine politischen Slogans. Trotzdem wachsen die Gemeinden bei uns: weil sie sich für Jesus begeistern.“ Der 32-jährige Theologe weiter: „Der Osten weiß nichts von Gott. Aber er hört sofort, wenn er zur Sprache kommt.“ Kirche im Osten bedeute: „Wir haben das Tal bereits erreicht und machen uns auf, es jetzt zu durchschreiten.“ Die dortigen Christen hätten einen Weg gefunden, den „Homo Sovieticus zu überleben – und zu missionieren“.

Der Osten habe die Erfahrungen mit der Macht Jesu Christi in der vollständig säkularen Umgebung gemacht, „und die bergen alles an Kraft in sich, was die evangelische Kirche zum Überleben braucht“. Man solle nicht vergessen, dass der Kommunismus, der die Kirche gnadenlos unterdrückt habe, letztlich „an eben dieser, im Grunde genommen vollkommen marginalisierten, protestantischen Kirche zugrunde gegangen ist“.

„Ich liebe meine Kirche, aber ich verzweifle an ihr“

Geilhufe ist Pfarrer der Domgemeinde in Freiberg. Die Stadt liegt zwischen Elbtal und Erzgebirge im ländlichen Sachsen. Nach seinen Worten sind die Kirchen hier immer gut gefüllt und werden im Moment sogar voller. Er bekennt: „Ich liebe meine Kirche, aber ich verzweifle an ihr.“ Allzuoft seien die Äußerungen aus den Reihen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) „in ihrem Sound vorgestanzt und erwartbar“. Daran habe man sich mittlerweile gewöhnt. „Und daran, dass die Statements der EKD mittlerweile ohnehin meist weit unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der deutschen Öffentlichkeit rangieren.“

Falsche Annahmen der Kirche

Hier beginne das Ärgerliche jedoch fatal zu werden. Denn das Schlimmste und Folgenreichste an dem Problem sei, dass die „öffentliche“ Theologie und Ethik der EKD auf der Grundannahme aufbaue, es interessiere sich noch jemand wirklich für sie.

Der Pfarrer erinnert an die Aussage der EKD-Ratsvorsitzenden Annette Kurschus (Bielefeld) im Anschluss an ihre Wahl in dieses Amt im November 2021: „Die Erwartungen an die Kirche sind immer noch groß, und sie sind immer wieder neue.“ Er müsse gestehen, so Geilhufe, dass er diesen Satz nicht verstehe. Evangelische Christen lebten bis heute in der falschen Vorstellung, von einer Öffentlichkeit umgeben zu sein, „die sich für uns interessiert“. Sie lebten auch in dem Vertrauen, dass die Gesellschaft merken werde, wie sehr kirchliche Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser und andere Einrichtungen eines Tages fehlten, wenn immer mehr Menschen die Kirche verlassen und all das nicht mehr finanziert werden kann. Geilhufe: „Niemand wird etwas vermissen, denn niemand vermisst hier heute etwas.“

Über seine Erfahrung in einer entkirchlichten Gesellschaft ohne öffentliches Interesse an der Kirche schreibt er: „Es gibt keinen schöneren Ort für den Dienst eines Pfarrers. Ich kann tun, wozu ich da bin.“ Geilhufe gehört zum Vorstand des Sächsischen Pfarrvereins.

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