Menschenrechte
Algerien: Christen stehen unter Druck
13.12.2021

Algier (IDEA) – In Algerien kommt es immer wieder zu Verhaftungen von Christen, die vorher Muslime waren. Das berichtet das überkonfessionelle Hilfswerk Open Doors Deutschland (Kelkheim bei Frankfurt am Main) auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA.
Pressesprecher Ado Greve sagte, dass in den vergangenen zwölf Monaten mindestens sechs Christen verhaftet worden seien, davon zwei ohne Gerichtsverhandlung. Weitere Gerichtsverfahren seien noch offen. Hier mache sich der Einfluss des extremistischen Islams auf die algerische Regierung und auf die Gesellschaft bemerkbar, so Greve. Die Freiheit der Christen werde immer weiter eingeschränkt. Die Islamisten überwachten die Aktivitäten von Christen und anderen Minderheiten. Die Gesetze verböten alles, was als Mittel zur Bekehrung von Muslimen verwendet werden könne. Das gelte auch für die Weitergabe christlicher Literatur oder Gespräche über den Glauben.
Christen würden regelmäßig überwacht. Insbesondere Gemeindeleiter müssten damit rechnen, dass ihre Telefone abgehört und ihre E-Mails gelesen werden. Stammesführer und islamische Autoritäten setzten Christen unter Druck, ihrem Glauben abzuschwören. Greve: „Christen müssen diskret sein, wenn sie sich außerhalb von Kirchengebäuden versammeln.“
Aktueller Fall: Konvertit wird wegen seines Glaubens diskriminiert
Greve schilderte ferner den aktuellen Fall des Konvertiten Foudhil Bahloul: Am 1. Dezember sei der Vater von zwei kleinen Töchtern festgenommen worden. Bahlouls Übertritt zum christlichen Glauben habe demnach dazu geführt, dass seine Ehefrau 2017 die Scheidung eingereicht habe. Das zuständige Gericht habe ihr wegen Bahlouls Abkehr vom Islam das alleinige Sorgerecht für ihre beiden gemeinsamen Töchter zugesprochen. Mehrere Familienmitglieder hätten so empört auf seine Konversion reagiert, dass sie sein Geschäft zerstört und alle Verbindungen zu ihm abgebrochen hätten.
2020 habe Bahloul dann wegen unerwarteter Grenzschließungen aufgrund der Corona-Krise nicht von einer Auslandsreise zurückkehren können. Dadurch habe er den Unterhalt für seine Kinder nicht rechtzeitig zahlen können und sei zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Ein Berufungsantrag sei abgewiesen worden.
Am 17. April 2021 sei er erneut verhaftet und sein Haus durchsucht worden. Der Vorwurf laute, Bibeln verbreitet und christliche Broschüren zur Verteilung an Muslime gedruckt zu haben. Im Juli habe ihn das Gericht der Anklagen für schuldig befunden und Bahloul zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten sowie einer Geldstrafe von umgerechnet etwa 635 Euro verurteilt. Auch gegen dieses Urteil habe er Widerspruch eingelegt, doch am 1. Dezember habe das zuständige Berufungsgericht den Schuldspruch bestätigt. Nun wolle er sich an die nächsthöhere Instanz wenden.
Die Zahl der Christen wächst dennoch
Greve betont, dass trotz der Repressionen die Zahl der Christen steige. Sie wagten es weiterhin, öffentlich über ihren Glauben zu sprechen. „Auch durch Online-Gottesdienste während der Covid-Pandemie kamen Menschen zum Glauben an Jesus Christus. Die Gemeindeleiter sind überwiegend zuversichtlich und lassen sich nicht einschüchtern.“
Die 43 Millionen Einwohner Algeriens sind fast ausschließlich Muslime. Die rund 129.000 Christen haben fast alle einen muslimischen Hintergrund. Sie werden häufig auch von ihren eigenen Familien angefeindet. Wenn ihre Hinwendung zu Christus bekannt wird, verlieren sie meist ihren Arbeitsplatz und werden bei der Arbeitssuche diskriminiert. Auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors – der Liste der 50 Länder mit der stärksten Christenverfolgung – nimmt Algerien Rang 24 ein.
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