Frei-/Kirchen
Präses Diener weist Kritik an Versammlungsverbot in Kirchen zurück
26.04.2020
Kassel (idea) – Der Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, Michael Diener (Kassel), hat Kritik an dem Mitte März erlassenen Versammlungsverbot in Kirchen zurückgewiesen. „Mir ist der Grundrechte-verteidigende und Gottesdienste-einklagende Ton, wie ihn so mancher Prominente einer bestimmten konservativen Provenienz, kräftig unterstützt von den Unterstützern dieser Positionen, in den letzten Tagen erklingen ließ, völlig fremd“, schreibt er in einem Präsesbrief an die Werke und Verbände der pietistischen Dachorganisation. Weiter heißt es: „Und ich könnte jetzt gerne noch anfügen, warum gewisse Vergleiche mit Baumärkten, die auch in unseren Reihen teils gerne entrüstet kolportiert werden, einfach nicht stimmen – ich lasse das.“ Das Schreiben, das idea vorliegt, trägt das Datum 18. April. Kritik an dem Versammlungsverbot in Kirchen hatte unter anderen der Journalist und Bestsellerautor Peter Hahne (Berlin) geübt. Er äußerte in einem Beitrag für die Evangelische Nachrichtenagentur idea sein Unverständnis, dass in der Krise Getränkemärkte geöffnet, aber Gotteshäuser geschlossen sind. Er plädierte dafür, in Kirchen weiter Gottesdienste anzubieten, wobei die Besucher einen ausreichend großen Abstand zueinander wahren müssten und Risikogruppen zu Hause bleiben sollten. Hahne bedauerte ferner, dass selbst die Evangelikalen gegen Gottesdienstverbote keinen Widerspruch einlegten. Er äußerte die Sorge, dass die Kirche derzeit alles tue, um nach Corona nicht mehr systemrelevant zu erscheinen.
Diener: Der Glaube steht und fällt nicht mit einem bestimmten Gottesdienstformat
Wie Diener weiter schreibt, geht es nicht „um eine theoretische Grundrechtsverteidigung, um Systemrelevanz oder Bekennermut“. „Analoge Gottesdienste“ seien wichtig, „aber unser Glaube steht und fällt nicht mit einem bestimmten Format, und wir tragen neben der geistlichen auch eine gesellschaftliche Verantwortung und eine Verantwortung für Leib und Leben unserer Mitglieder und Freunde“. Diener betont ferner, dass „der Staat“ nicht Gottesdienste verboten habe, sondern nach dem Infektionsschutzgesetz, aufgrund des Grundrechtes auf körperliche Unversehrtheit, andere Grundrechte, etwa die Versammlungsfreiheit, eingeschränkt habe: „Das ist sein gutes und ja übrigens auch eine Maßnahme, die vom allergrößten Teil der Bevölkerung mitgetragen wird.“ Er könne sich kaum einen anderen Staat vorstellen, „in dem ich momentan lieber beheimatet wäre als in Deutschland“, so der Präses.
Warnung vor „Verschwörungstheorien und apokalyptischen Gerichtsphantasien“
Diener zufolge gibt es auch innerhalb „Gnadaus“ eine gewisse Pluralität in der Beurteilung der Pandemie und der staatlichen Maßnahmen: „Und das ist auch gut so.“ Zugleich überwiege eine konstruktive und motivierte Grundhaltung. „Verschwörungstheorien und apokalyptische Gerichtsphantasien treten bei uns kaum auf – darauf sollten wir weiterhin achten, denn derartige destruktive Nachrichten gewinnen in den sozialen Medien an Raum.“ Der Präses begrüßt ferner die „große Kreativität“ in den Gnadauer Werken und Verbänden in der Corona-Krise: „Neue (digitale) Formate entstehen, unsere Ehren- und Hauptamtlichen sind auf ganz unterschiedliche Weise nahe an den Menschen dran.“ Das mache Mut, denn „nach der Krise“ werde wahrscheinlich vieles nicht mehr sein wie „vor der Krise“. Unterdessen haben die meisten Bundesländer entschieden, dass ab Mai wieder Gottesdienste mit Einschränkungen möglich sein sollen. In einigen Bundesländern ist dies bereits jetzt zulässig, etwa in Berlin, Sachsen und Thüringen. Allerdings ist die Teilnehmerzahl beschränkt. Der Evangelische Gnadauer Gemeinschaftsverband umfasst 34 regionale Gemeinschaftsverbände, 16 Diakonissen-Mutterhäuser, 13 theologische Ausbildungsstätten, sechs Missionsgesellschaften, sechs Jugendverbände und 13 sonstige Werke. Generalsekretär ist Frank Spatz (Kassel).
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