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Corona-Demos: EKD-Ratsvorsitzender entsetzt über Rücksichtslosigkeit

12.05.2020

Teilnehmer einer Demonstration gegen die Corona-Einschränkungen in Heidelberg. Foto: picture-alliance/Daniel Kubirski
Teilnehmer einer Demonstration gegen die Corona-Einschränkungen in Heidelberg. Foto: picture-alliance/Daniel Kubirski

München/Weil/Berlin (idea) – Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München), hat mit Entsetzen auf Bilder von Corona-Demonstrationen am 10. Mai reagiert. Auf dem sozialen Netzwerk Facebook kritisierte er, dass darauf Rücksichtslosigkeit zu sehen sei. „Da hat ein ganzes Land über viele Wochen mit großer aus Einsicht kommender Disziplin die Kontaktbeschränkungen mitgetragen“, so der Ratsvorsitzende. „Und nun ignorieren viele der Demonstranten von gestern alle diese Regeln und gefährden damit nicht nur sich, sondern vor allem viele andere.“ Man könne über alle Maßnahmen kontrovers diskutieren, „aber sich unter Gefährdung anderer Menschen einfach über die Regeln, die die uns gewählten Regierungen nach gründlicher Abwägung beschlossen haben, einfach bewusst hinwegzusetzen, ist nicht in Ordnung“. Durch die Einhaltung der Maßnahmen habe es Deutschland geschafft, Bilder von überfüllten Krankenstationen und vielen Toten zu verhindern. Dass „Rechtsextreme und alle möglichen Verschwörungstheoretiker“ den Widerstand jetzt für ihre Zwecke nutzten, sei umso schlimmer.

Abdel-Samad: Verschwörungstheoretiker sind nicht die wirkliche Gefahr für die Demokratie

Der Blogger und Biologe Markus Till (Weil im Schönbuch) verwies auf Facebook auf einen Kommentar des Publizisten und Politologen Hamed Abdel-Samad, der ihm aus dem Herzen spreche. Abdel-Samad hatte vor einer Generalverurteilung aller Kritiker gewarnt. So gebe es in der Debatte nicht nur die Befürworter der Kontaktverbote und Verschwörungstheoretiker, sondern auch vernünftige kritische Stimmen. Immer mehr Kritiker hielten sich jedoch zurück, „weil sie oft als herzlos und unverantwortlich angeschrien wurden“. Deshalb sind Abdel-Samad zufolge nicht die Verschwörungstheoretiker eine wirkliche Gefahr für die Demokratie, „sondern die Abwesenheit einer gesunden Streitkultur, wo jeder seine Meinung im Rahmen des Gesetzes zum Ausdruck bringen kann“. Sowohl die Demagogen und Verschwörungstheoretiker als auch „die Guten“, die auf berechtigte Kritik mit Moralisieren reagierten, seien „Diskursverweigerer“ und „Feinde der Demokratie“.

Theologischer Leiter der EZW: Alternative Deutung prüfen

Laut dem Theologischen Leiter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW/Berlin), Martin Fritz, macht unter anderem ein „tiefsitzendes Misstrauen gegenüber der allgemeinen Wirklichkeitssicht“ Menschen anfällig für Verschwörungsmythen. Hinzu komme das Bedürfnis, Verursacher der Krise benennen zu können, schreibt Fritz in einem Beitrag für die Evangelische Nachrichtenagentur idea. Er rät darum, nüchtern zu bleiben und „die alternative Deutung“ zu prüfen: „Hält sie nüchterner Betrachtung stand? Zeigt sie Bereitschaft, auch Gegenargumente abzuwägen? Versucht sie, der Komplexität der Welt gerecht zu werden? Tendiert sie zum Fürwahrnehmen des Unwahrscheinlichen? Regieren darin die Fundamentalopposition zur ‚offiziellen’ und die Lust an der verblüffend abweichenden Wirklichkeit?“ Oftmals genügten diese Kriterien, um zu entscheiden, „ob sich eine Ansicht der nüchternen Suche nach Wahrheit verdankt oder verschwörungsmythischer Fantasie“.

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